@Marie:
Es freut mich, dass du dich meinen Gedanken anschließen konntest. Ich habe jedoch noch eine weitere Sache, die man überdenken sollte - und das ist der Umfang der Details, mit welcher unsere Welt dargestellt werden soll.
Wir beabsichtigen, einen Roman zu schreiben, also eine Geschichte zu erzählen - nicht aber, in ihr zu leben. Das soll jetzt kein Vorwurf an all jene sein, die sich eine unwahrscheinliche Mühe geben, ein möglichst realistisches Bild dieser Welt zu zeichnen. Ich möchte nur zu Bedenken geben, dass man einfach nicht jedes Detail einer Welt festlegen kann. Es ist zum einen auch nicht notwendig, weil sehr viele der für eine "echte" Welt notwendigen Festlegungen von unserer Geschichte überhaupt nicht berührt werden, zum anderen würde es auch unsere schreiberische Kreativität einengen.
Ich habe irgendwo gelesen, dass sich jemand Gedanken über die vorherrschende Mode oder Frisuren gemacht hat. Vielleicht sehe ich das als Mann einfach nur anders, aber ich halte diese Festlegung für wirklich überflüssig. Geschmack oder Mode ist immer nur lokal relevant. Andere Regionen, anderer Geschmack, andere Bräuche. Auch, wenn wir davon ausgehen, dass unsere Story-Welt unserer soweit voraus ist, dass alle ursprünglich vielleicht vorhandenen Länder mittlerweile zu einem globalen Staatengebilde verschmolzen sind, dürfte es dennoch niemals einen global gültigen Geschmack geben. Außerdem sind die von der Mode in früheren Jahren bei uns auferlegten Zwänge auch längst nicht mehr so ultimativ bindend, wie vor einigen Jahrzehnten. Es wird immer Trends geben, denen viele folgen, aber selbst bei uns ist es nicht mehr so, dass alle ihre Haare kurz oder lang tragen, nur weil ein Modezar dies "befiehlt". Alles ist möglich und so geschieht auch alles - auch parallel. So muss es eigentlich auch in einer Welt sein, deren Entwicklung unserer noch ein Stück voraus ist.
Ich möchte nicht erreichen, dass über Mode oder das optische Erscheinungsbild kein Wort verloren wird. Ich meine nur, dass man "fallbezogen" eine Aussage machen sollte, wie ein Charakter aussieht, es aber nicht "gesetzlich" festlegen sollte.
Genauso ist es mit vielen anderen Details, die man unter Umständen ins Spiel bringen kann, wenn die Handlung es erfordert, die aber voraussichtlich keine Relevanz für die Handlung haben werden. Wir fangen an, uns zu verzetteln, bevor wir die erste Seite unseres Romans überhaupt in einer Rohfassung erstellt haben.
Wir sollten uns überlegen, was wir für unseren Plot wirklich brauchen, und was wir grob anreißen und für den Leser im Trüben belassen können.
Wie seht ihr das? Diese Frage richtet sich an alle. Ich hab mir mal ein paar zentrale Gedanken gemacht, was wir unbedingt brauchen könnten. Betrachtet dies bitte als Diskussionsgrundlage. Nichts davon ist natürlich in Stein gemeißelt.
Überlegungen dazu, welche Informationen für die Geschichte benötigt werden könnten.
- Grundlegende politische Struktur der Welt. Muss nicht bis ins letzte Gremium ausgearbeitet werden. Solange keine Wahlen dargestellt werden müssen, genügt m. E. die Darstellung der groben Hierarchie.
- Wieviel Staat gibt es in unserer Welt? Greift er tief in das Leben der Menschen ein oder ist er nur für grobe Richtlinien und Versorgung zuständig? Wer trägt das Leben auf der Welt? Staat oder privatwirtschafliches Handeln?
- Typische Fähigkeiten und Eigenarten der Menschen. Dies ist notwendig, da die Interaktionen der Charaktere die Handlung tragen wird.
- Wie sind die Menschen sozial organisiert. Gibt es Familien oder sind andere Formen des Zusammenlebens üblich? In einer Welt voller Teleporter ist z. B. der Begriff "Fernbeziehung" nicht mehr relevant. Gibt es Ehen, wie wir sie kennen oder gehen Partner befristete Verträge ein? Erziehen sie ihre Kinder selbst oder geschieht dies zentral?
- In einer Welt der globalen Versorgung fehlt der Druck, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Wir hatten gesagt, dass Gelderwerb nur für Verbesserung der Lebensqualität notwendig ist. Gibt es also so etwas wie regelmäßige Arbeit oder arbeitet man "projektbezogen", also nur, wenn man eben Geld braucht?
- Wer macht die so genannte "Drecksarbeit"? Jede Gesellschaft produziert Dreck und Müll, der entsorgt oder wiederaufbereitet werden muss. Wer also macht diesen Job und vor allem: Warum macht er ihn?
Dasselbe gilt für alle nicht attraktiven Tätigkeiten, die in einer Gesellschaft von jenen ohne hohen Bildungsgrad verrichtet werden, weil die wirtschaftliche Not dies erfordert. Ich glaube, hier müssen wir einen guten, glaubwürdigen Grund finden, denn warum sollte ich meine Finger schmutzig machen, wenn mir ansonsten die gebratenen Tauben in den Mund fliegen? Es würde jeder doch nur tun, was ihm Spaß macht, oder sehe ich das falsch?
- Wie ist der technische Entwicklungsstand der Welt?
LG Michael