- Vorwort:
- Hallo (:
Hier mal ein Text, den ich für den Deutsch-Unterricht schreiben musste. Da es sich ja doch um Bücher handelt, dachte ich mir, ich stelle ihn hier in der noch etwas leeren Essay-Ecke mal vor. Das Thema war das Zitat von Kafka: "Ein Buch muß wie die Axt sein für das gefrorene Meer in uns." Dazu sollten wir eigentlich noch schreiben, ob es ein Buch gibt, das solch eine Wirkung auf uns hat.
Meine Antwort... steht im Text :] Viel Spaß beim Lesen!
LG
Hannah
ÜBER DIE WIRKUNG VON BÜCHERN
Bücher sind schon seit langem Begleiter der Menschen. Früher nur gelehrten Menschen vorbehalten, findet man heute viele Menschen in Deutschland, die lesen. Im Zeitalter des World Wide Web und der E-Books begegnet man noch immer Menschen, die ihre Nase in ein Buch gesteckt haben und deren Augen wie wahnsinnig über die Zeilen fliegen. Auf die Frage, warum diese Menschen denn lesen, würde man wahrscheinlich viele Antworten bekommen: Zur Ablenkung von dem stressigen Alltag, zum Zeitvertreib auf langen Zugfahrten, um sich über geschichtliche Ereignisse zu informieren, um mal in das Leben eines anderen zu schnuppern oder weil es einfach Spaß macht und nicht mehr wegzudenken ist. Viele Menschen haben womöglich nicht einmal einen konkreten Grund, warum das geschriebene Wort einen Teil ihres täglichen Lebens bildet.
Der deutsch-jüdische Schriftsteller Franz Kafka fand dagegen auf diese Frage eine recht deutliche Antwort. „Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns“, schrieb er in einem Brief an Oskar Pollak. Ein Satz, der zunächst gewaltig klingt. Die Metapher des gefrorenen Meeres steht für die verstummten Hoffnungen, Träume und Gefühle eines Menschen, während die Axt auf Befreiung dieser hindeutet.
Auf den zweiten Blick jedoch stellt man sich Fragen. Kafka geht davon aus, dass Bücher Literatur sind. Es gibt jedoch auch andere Arten von Büchern; wissenschaftliche zum Beispiel, die wohl weniger Gefühle in uns erregen. Hat denn überhaupt jeder Mensch solch ein gefrorenes Meer in sich? Muss Literatur außerdem zwingend das sein – etwas Gewalttätiges, Brutales? Denn eine Axt beschreibt auch Zerstörung. Außerdem denkt man sich, was diese Axt nun gegen ein weites, gefrorenes Meer ausrichten soll. Sie hinterlässt wohl nichts als eine Delle oder bestenfalls ein Loch darin, befreit das Meer aber nicht von der Eisschicht.
Als wären das nicht schon genug Fragen, wirft der Abschnitt des Briefs, in dem er genauer auf diesen Satz eingeht, noch mehr Widersprüche auf: „Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? Damit es uns glücklich macht, wie Du schreibst? Mein Gott, glücklich wären wir eben auch, wenn wir keine Bücher hätten, und solche Bücher, die uns glücklich machen, könnten wir zur Not selber schreiben.“
Doch wer würde diese selbst geschriebenen Bücher dann lesen, wenn glückliche Geschichten überflüssig sind? Ist es wirklich so verwerflich, ein Buch zum Vergnügen zu lesen oder sich mit Literatur zu beschäftigen, die eine breitere Palette von Gefühlen abdeckt?
Wer Kafkas Werke kennt, weiß, dass er keine einfache, eingängige Literatur schreibt und Widersprüche schon fast zu seinem Stil gehören. Dennoch ist seine Meinung zu dem Nutzen von Büchern sehr radikal – und nicht auf eine Masse von Menschen anzuwenden. Es gibt nun mal Menschen, die aus anderen Gründen lesen. Es wäre nicht sinnvoll, diese zum Lesen einer bestimmten Art von Literatur zu zwingen, denn dann hätten die gelesenen Bücher nicht die erwünschte Durchschlagskraft.
Der Empfänger dieses Briefs war Oskar Pollak, der Kafkas engster Freund zu dieser Zeit war. Kafkas Brief deutet darauf hin, dass Oskar Pollak anderer Meinung war als er und auch Bücher las, die glücklich machten. Es wäre dennoch sehr interessant zu wissen, wie Pollak auf diesen Brief reagierte.
Ich an seiner Stelle hätte folgendermaßen geantwortet:
Bücher müssen nicht unbedingt glücklich machen, doch sie müssen einem auch nicht auf brutalste Art und Weise die Augen öffnen. Würden das alle Bücher tun, wäre es eintönig und man hätte keine Abwechslung mehr, könnte sie also auch nicht mehr unterschiedlich bewerten und verschieden wahrnehmen.
Literatur muss für mich nicht einfach und eine Ablenkung sein, denn ich mag auch tiefgründige Bücher, die einen nach dem Lesen mit aufgewühlten Gedanken zurücklassen und die einen prägen. Dennoch ist das Lesen ein Hobby für mich und wenn Bücher die Wirkung einer Axt auf mich haben müssten, hätte ich womöglich mit dem Lesen längst aufgehört. Ich kann kein Buch nennen, das einen derartigen Einfluss auf mich hatte, denn ich denke, dass das Meer in mir noch nicht genug Zeit hatte, um einzufrieren.