Alles verschwindet, doch nichts wird vergessen
Buch
Titel: Sehnsucht nach Elena OT: Elena Seiten: 152
Verlag: Piper Verlag ISBN: 978-3-492-05238-2 EUR: 16.00
Autor
Joel Haahtela: * 10. September 1972 in Helsinki / Finnland
als Schriftsteller und Psychiater tätig, lebt mit seiner Familie in der Nähe von Helsinki,
ebenfalls in deutscher Sprache erschienen: Der Schmetterlingssammler
Buchinhalt
Es begann am 12. Januar.
War es Zufall infolge eines Versehens oder eine Fügung des Schicksals?
Statt nach sieben, steigt er bereits nach 5 Stationen aus.
An diesem Tag sieht er sie das erste Mal.
Sie fällt ihm sofort ins Auge und erhellt fortan sein tristes Dasein. Sie wird zum Mittelpunkt seines trüben Lebens, nun hat er eine Aufgabe, die es täglich zu erfüllen gilt.
Der Regelmäßigkeit ihres alltäglichen Weges ist es zu verdanken, dass er sie wieder und wieder beobachten kann.
Ist es bereits 9 Uhr, weiß er, sie wird nicht mehr kommen.
Er spürt schnell eine seltsame Vertrautheit, erfasst sie bis hin zur kleinsten Unebenheit. Jede winzige Regung oder Veränderung an ihr fällt ihm auf.
Schließlich verrät ihm Dostojewskis „Der Idiot“ ihren Namen: Elena.
Das Buch, das sie aus Versehen im Park liegen lässt, wird als Symbol der Verbundenheit zu seinem oft beäugten, ständigen Begleiter.
Eine überraschende, direkte Begegnung bringt ihn völlig aus dem Konzept, doch er lässt die Gelegenheit vorerst ungenutzt verstreichen.
Stattdessen beginnt er, zu ihr zu sprechen, ohne dass sie anwesend wäre.
Seine Welt, der reale Alltag, gerät zunehmend aus den Fugen.
Alles dreht sich nur noch um sie, Elena, und wann er sie wieder sieht…
Meine Meinung
Ein in Einsamkeit versunkener alter Herr, der in und durch Elena etwas wieder findet, was durch Verdrängung des Vergangenen vor ihm selbst zunächst verborgen scheint.
Sein Wahrnehmungsvermögen ist bis ins kleinste Detail geschärft.
Gleich einem Maler, der auf Motivsuche ist, die Gegend, Witterung und Stimmung bewusst in Augenschein nimmt, um ein möglichst getreues Abbild dessen, was er sieht, auf Leinwand bannen zu können.
Keine noch so kleine Besonderheit entgeht ihm bei seinen alltäglichen Beobachtungen.
Ein vermeintlich leeres, abgeschlossenes Zimmer wird im zweiten Kapitel des ersten Teils erwähnt. Schon hier lässt sich ahnen, dass es eine bestimmte Bedeutung für ihn haben muss.
Fast ein Jahr zieht ins Land bis er erkennt, worin seine Sehnsucht, die ihn immer wieder zu Elena treibt, tatsächlich begründet liegt.
Elena verhilft ihm unbewusst zum (Weiter-)Leben und ermöglicht ihm zudem die Erkenntnis dessen und wovor er über den Verlauf der Jahreszeiten davonlief.
Über dem gesamten Buch liegt ein Hauch von Melancholie, die verdeutlicht, wie einsam und verloren der alte Mann seine Tage durchlebt.
Joel Haahtela schafft mittels Worte eine wunderbar dichte Atmosphäre, in die man schon kurz nach Beginn der Lektüre unaufhaltsam versinkt.
Auch ohne Wissen um das Geheimnis seiner Vergangenheit, das erfahren wir schließlich erst gegen Ende des Buches, spürt der Leser schnell die Trauer und die Schwere, die den Mann umgeben.
Nur 152 Seiten, unterteilt in vier Abschnitte mit unterschiedlichen Schwerpunkten aus Sicht des Protagonisten, reichen Haahtela, einen tiefen Einschnitt, einen verharrenden Zustand der Unsicherheit und eine Kehrtwende im Leben eines Menschen auf indirekte und dabei faszinierend authentische Weise zu umfassen.
Er verpackt all dieses in einen ruhig fließenden Text, vermeidet Dialoge.
In der Regel füllt jedes Kapitel eine, maximal zwei Seiten, drei oder vier Seiten sind die Ausnahme.
Mittels dieser einzelnen Sequenzen aus Gegenwart und Vergangenheit der Hauptfigur fügt sich nach und nach ein Bild seines Lebens zusammen.
Es wird zudem deutlich, wie beständig seine Tage von Elena bestimmt werden.
Joel Haahtelas Worte sind ebenso malerisch wie zaghaft, sein Schreibstil beeindruckend und gefühlsbetont.
Die Sätze sind dabei recht einfach gehalten, dennoch voller Bedeutsamkeit.
Er versteht es ausnehmend gut, mit Gedanken und Empfinden des Lesers zu spielen.
Das Buch sticht bereits durch sein Format aus der breiten Masse heraus, ebenso wird der feste Einband mit Schutzumschlag, schwerem Papier und Lesebändchen dieser Perle unter den Romanen erfreulich gerecht.
Auch wenn ich in meiner kurzen Inhaltsangabe schrieb „Es begann am 12. Januar.“, so ist dies eigentlich nur bedingt richtig.
Für seine persönliche Trauerbewältigung ist dies der Anker seines Lebens, doch hintergründig betrachtet, fand dieser besondere Weg bereits im Herbst zuvor seinen Anfang, nämlich zu jenem Zeitpunkt, als eine Liebe weltlich gesehen endete.
Schade, dass der alte Herr bis zum Schluss namenlos bleibt. Da mir sein Schicksal so zu Herzen ging, hätte ich meinem Bild von ihm gern das fehlende Element seiner Persönlichkeit hinzugefügt.
Ich frage mich, welches Schicksal wohl Haahtelas Araber hinter sich hat, oder all jene Menschen, deren Weg man einmal oder gar öfter kreuzt, ohne sie bewusst oder sonderlich interessiert wahrzunehmen.
Fazit
Ein kleines feines Buch, das seinen Bann weit über die letzte Seite hinaus wirken lässt.
Bereits nach der Leseprobe beschlich mich der Eindruck, Elena könnte nur das vermeintliche Mittel zum Zweck sein, sich den Geheimnissen und Verdrängungen der Vergangenheit zu stellen.
Ich bin froh, dass ich mir das Buch zum Lesen ausleihen konnte.
Buch
Titel: Sehnsucht nach Elena OT: Elena Seiten: 152
Verlag: Piper Verlag ISBN: 978-3-492-05238-2 EUR: 16.00
Autor
Joel Haahtela: * 10. September 1972 in Helsinki / Finnland
als Schriftsteller und Psychiater tätig, lebt mit seiner Familie in der Nähe von Helsinki,
ebenfalls in deutscher Sprache erschienen: Der Schmetterlingssammler
Buchinhalt
Es begann am 12. Januar.
War es Zufall infolge eines Versehens oder eine Fügung des Schicksals?
Statt nach sieben, steigt er bereits nach 5 Stationen aus.
An diesem Tag sieht er sie das erste Mal.
Sie fällt ihm sofort ins Auge und erhellt fortan sein tristes Dasein. Sie wird zum Mittelpunkt seines trüben Lebens, nun hat er eine Aufgabe, die es täglich zu erfüllen gilt.
Der Regelmäßigkeit ihres alltäglichen Weges ist es zu verdanken, dass er sie wieder und wieder beobachten kann.
Ist es bereits 9 Uhr, weiß er, sie wird nicht mehr kommen.
Er spürt schnell eine seltsame Vertrautheit, erfasst sie bis hin zur kleinsten Unebenheit. Jede winzige Regung oder Veränderung an ihr fällt ihm auf.
Schließlich verrät ihm Dostojewskis „Der Idiot“ ihren Namen: Elena.
Das Buch, das sie aus Versehen im Park liegen lässt, wird als Symbol der Verbundenheit zu seinem oft beäugten, ständigen Begleiter.
Eine überraschende, direkte Begegnung bringt ihn völlig aus dem Konzept, doch er lässt die Gelegenheit vorerst ungenutzt verstreichen.
Stattdessen beginnt er, zu ihr zu sprechen, ohne dass sie anwesend wäre.
Seine Welt, der reale Alltag, gerät zunehmend aus den Fugen.
Alles dreht sich nur noch um sie, Elena, und wann er sie wieder sieht…
Meine Meinung
Ein in Einsamkeit versunkener alter Herr, der in und durch Elena etwas wieder findet, was durch Verdrängung des Vergangenen vor ihm selbst zunächst verborgen scheint.
Sein Wahrnehmungsvermögen ist bis ins kleinste Detail geschärft.
Gleich einem Maler, der auf Motivsuche ist, die Gegend, Witterung und Stimmung bewusst in Augenschein nimmt, um ein möglichst getreues Abbild dessen, was er sieht, auf Leinwand bannen zu können.
Keine noch so kleine Besonderheit entgeht ihm bei seinen alltäglichen Beobachtungen.
Ein vermeintlich leeres, abgeschlossenes Zimmer wird im zweiten Kapitel des ersten Teils erwähnt. Schon hier lässt sich ahnen, dass es eine bestimmte Bedeutung für ihn haben muss.
Fast ein Jahr zieht ins Land bis er erkennt, worin seine Sehnsucht, die ihn immer wieder zu Elena treibt, tatsächlich begründet liegt.
Elena verhilft ihm unbewusst zum (Weiter-)Leben und ermöglicht ihm zudem die Erkenntnis dessen und wovor er über den Verlauf der Jahreszeiten davonlief.
Über dem gesamten Buch liegt ein Hauch von Melancholie, die verdeutlicht, wie einsam und verloren der alte Mann seine Tage durchlebt.
Joel Haahtela schafft mittels Worte eine wunderbar dichte Atmosphäre, in die man schon kurz nach Beginn der Lektüre unaufhaltsam versinkt.
Auch ohne Wissen um das Geheimnis seiner Vergangenheit, das erfahren wir schließlich erst gegen Ende des Buches, spürt der Leser schnell die Trauer und die Schwere, die den Mann umgeben.
Nur 152 Seiten, unterteilt in vier Abschnitte mit unterschiedlichen Schwerpunkten aus Sicht des Protagonisten, reichen Haahtela, einen tiefen Einschnitt, einen verharrenden Zustand der Unsicherheit und eine Kehrtwende im Leben eines Menschen auf indirekte und dabei faszinierend authentische Weise zu umfassen.
Er verpackt all dieses in einen ruhig fließenden Text, vermeidet Dialoge.
In der Regel füllt jedes Kapitel eine, maximal zwei Seiten, drei oder vier Seiten sind die Ausnahme.
Mittels dieser einzelnen Sequenzen aus Gegenwart und Vergangenheit der Hauptfigur fügt sich nach und nach ein Bild seines Lebens zusammen.
Es wird zudem deutlich, wie beständig seine Tage von Elena bestimmt werden.
Joel Haahtelas Worte sind ebenso malerisch wie zaghaft, sein Schreibstil beeindruckend und gefühlsbetont.
Die Sätze sind dabei recht einfach gehalten, dennoch voller Bedeutsamkeit.
Er versteht es ausnehmend gut, mit Gedanken und Empfinden des Lesers zu spielen.
Das Buch sticht bereits durch sein Format aus der breiten Masse heraus, ebenso wird der feste Einband mit Schutzumschlag, schwerem Papier und Lesebändchen dieser Perle unter den Romanen erfreulich gerecht.
Auch wenn ich in meiner kurzen Inhaltsangabe schrieb „Es begann am 12. Januar.“, so ist dies eigentlich nur bedingt richtig.
Für seine persönliche Trauerbewältigung ist dies der Anker seines Lebens, doch hintergründig betrachtet, fand dieser besondere Weg bereits im Herbst zuvor seinen Anfang, nämlich zu jenem Zeitpunkt, als eine Liebe weltlich gesehen endete.
Schade, dass der alte Herr bis zum Schluss namenlos bleibt. Da mir sein Schicksal so zu Herzen ging, hätte ich meinem Bild von ihm gern das fehlende Element seiner Persönlichkeit hinzugefügt.
Ich frage mich, welches Schicksal wohl Haahtelas Araber hinter sich hat, oder all jene Menschen, deren Weg man einmal oder gar öfter kreuzt, ohne sie bewusst oder sonderlich interessiert wahrzunehmen.
Fazit
Ein kleines feines Buch, das seinen Bann weit über die letzte Seite hinaus wirken lässt.
Bereits nach der Leseprobe beschlich mich der Eindruck, Elena könnte nur das vermeintliche Mittel zum Zweck sein, sich den Geheimnissen und Verdrängungen der Vergangenheit zu stellen.
Ich bin froh, dass ich mir das Buch zum Lesen ausleihen konnte.