„Wie also, frage ich euch, sollen wir den Menschen begegnen, die uns hassen, weil wir Christen sind? Den Menschen, die uns Ungläubige nennen?“
Pater Cleophus Brown sah in die Menge, doch seine Gemeinde schwieg. Einige Menschen sahen dem Priester erwartungsvoll in die Augen und erwarteten seine Antwort. Andere blickten verständnislos drein, denn sie verstanden die Frage nicht.
„So, wie sie uns begegnen!“, rief ein Mann. „Wir müssen sie an allen Fronten bekämpfen, ganz einfach!“
Pater Brown lächelte und sah den Mann an.
„Auge für Auge, Zahn für Zahn. So steht es geschrieben. Überzieht der Feind uns also mit Gewalt, so muss er ebendiese Gewalt ernten, habe ich Recht, meine Schwestern und Brüder?“
„Amen“ und „Hallelujah!“ hallte es in der Kirche, doch der Blick des Paters blieb an einem Mann hängen, der still auf seinem Platz saß und lächelte. Seine Augen hatte er niedergeschlagen, die Finger beider Hände bis auf Daumen und Zeigefinger miteinander verschränkt. Die Daumen des Mannes ruhten an seinem Kinn, die Zeigefinger lagen auf seiner Nase.
„Was ist mit Dir, Bruder?“, fragte der Pater. „Stimmst Du nicht ein? Stimmst Du nicht zu?“
Der Mann lächelte weiter und schüttelte leicht den Kopf.
„Du meinst also nicht, dass wir unseren Feinden ihre Gewalt mit gleicher Münze zurückzahlen sollten?“.
Der Mann hob den Kopf und Cleophus Brown starrte in die durchdringendsten Augen, die er je sah, ein grünes Auge, ein blaues Auge mit goldenen Tupfen. Der Mann lächelte weiter. Es war ein herzliches, wahrhaftiges Lächeln ohne allen Falsch.
„Nein“, antwortete der Mann schlicht und Pater Brown blickte ich neugierig an.
„Was also, meinst Du, sollen wir tun? Wie sollen wir diesen Menschen begegnen?“
„Wie gehen Sie mit den Menschen um, die von Ihnen selbst Ungläubige genannt werden?“, fragte der Mann ruhig und lächelte weiter.
„Wir versuchen, sie auf den rechten Weg zu bringen, wie es uns der Herr Jesus Christus auftrug“, gab der Priester zurück und lehnte sich gegen die Kirchenbank. „Was sollen wir sonst tun?“
„Euch fragen, ob der Weg dieser Menschen nicht auch ein Weg ist, Gott zu dienen.“
Pater Brown hob die Augenbraue und sah tief in die ungleichen Augen des anderen.
„Und doch sind da Bomben und Gewalt gegen uns, weil wir andersgläubig sind. Sollen wir uns nicht wehren, Bruder?“
Der Mann kicherte.
„Bruder? Um ehrlich zu sein, bin ich nicht einmal Christ.“
Ein Raunen ging durch die Gemeinde.
„Du bist kein Christ?“, hakte der Pater freundlich nach. „Und doch sitzt Du hier im Gottesdienst?“
„Ja.“
Der Mann lächelte immer noch. Der Pater, dachte er, wollte auf etwas Bestimmtes hinaus. So
missionarisch er sich am Anfang auch gegeben hatte, es schien ihm nichts auszumachen, dass er in der Kirche, im Gottesdienst eine Grundsatzdiskussion mit einem Nichtchristen führte. Das galt jedoch nicht für die gesamte Gemeinde.
„Blasphemie“, schrie jemand in der hintersten Reihe. „Das ist Blasphemie! Wie kannst Du es wagen, uns und den Pater belehren zu wollen?“
Pater Brown drehte sich nach dem Rufer um. Dann sah er wieder seinen Gesprächspartner an, lächelte und fragte: „Möchtest Du etwas dazu sagen?“
Der Mann stand auf und drehte sich zu dem Rufer um.
„Ist es nicht auch Blasphemie, jemandem im Hause Gottes das Wort zu verbieten? Ist es nicht Blasphemie, in Gottes Namen Krieg gegen Menschen zu führen, die ihn unter einem anderen Namen anrufen?“
„Spar Dir Deine teuflischen Reden!“, erklang ein Schrei von der anderen Seite des Raumes.
Der Mann blickte die Ruferin an und legte den Kopf ein wenig auf die Seite.
„Ihr wollt also Gleiches mit Gleichem vergelten? Ihr ruft dies hier und heute laut aus, an dem Tag, an dem der Mann geboren wurde, der für euch der Heiland ist? Ist das nicht Blasphemie?“
Die Gemeinde murmelte. Ein Junge, der zwei Reihe vor dem Mann saß, blickte ihn verständnislos an. Die Frau neben dem Jungen wiegte den Kopf und murmelte etwas wie „Schon möglich.“
„Ihr ruft also am Tage der Geburt Christi zu Gewalt gegen Andersdenkende auf?“, rief der Mann der Gemeinde zu. „Dann seid ihr genauso schlimm wie die, die ihr eure Feinde nennt. Womit habt ihr dann verdient, dass ihr in Frieden leben dürft?“
Rufe erschollen und des Paters Blick wurde neugieriger.
„Was also schlägst Du vor, Bruder?“
Der Mann blickte kurz zu Boden und heftete seine Augen schließlich auf die des Priesters.
„Warum nennen Sie mich Bruder, Pater?“
„Ich glaube, Du wirst selbst drauf kommen“, antwortete der Priester lächelnd. „Wie sollen wir also denen begegnen, die uns als Feinde ihres Glaubens betrachten?“
Der Mann hob die Hand an sein Gesicht und ging ein paar Schritte.
„Was wollt ihr“, fragte er die Gemeinde schließlich, „wie man euch begegnet?“
Die Menschen schwiegen.
„Sagt mir“, fuhr der Mann nach einer kleinen Pause fort, „warum man euch mit Feindschaft begegnet! Was haben diese Menschen für ein Problem?“
Wieder herrschte Stille. Eine Frau begann „Sie…“, schwieg dann aber. Das Lächeln des Mannes wurde breiter aber nicht weniger offen, warmherzig und ehrlich.
„Das Problem seid ihr!“, warf er den Menschen an den Kopf und erntete empörtes Raunen. Bevor ihm jemand ins Wort fallen konnte, fuhr er fort: „Ihr erwartet, dass man euch euren Glauben lässt. Gleichzeitig erwartet ihr aber, dass andere auch eurem Weg folgen. Feind, ruft ihr. Ungläubiger, Terrorist! Ihr erwartet, dass man euch mit Frieden begegnete, aber ihr geht diesen Weg nicht voran.
Und ihr folgt damit eurem eigenen Glauben nicht mehr. Ihr nennt es Blasphemie, dass ich hier spreche? Ich nenne es Blasphemie, dass ihr euch Christen nennt, denn ihr folgt nicht den Worten Jesu.“
Erneut erhob sich Empörung. Der Mann aber hob die Hand und lief zur ersten Reihe. Er stellte sich vor die Menschen hob die Hände.
„Ihr fragt, wie ihr euren Feinden begegnen sollt? Ich sage euch, wie: mit Liebe!
Ihr fragt, warum ihr die lieben sollt, die euch als ungläubigen Feind betrachten? Ich sage euch: weil es geschrieben steht. Und weil es richtig ist.
Liebet eure Feinde, tut denen wohl, die euch hassen! So sprach Jesus Christus, der Heiland. Lest es nach! Das Evangelium nach Lukas, Kapitel 6, Vers 23.
Ihr wollt Frieden? Dann, sage ich euch, geht nach diesem Gottesdienst hinaus und klingelt bei Hassan ibn Ahmad! Wünscht ihm einen schönen Tag und wechselt ein paar Worte mit ihm. Ladet ihn zu euch ein! Nicht, um mit euch Weihnachten zu feiern. Ladet ihn einfach ein! Nehmt die Menschen an, wie sie sind und glaubt mir: Diese Liebe gegen den anderen Menschen ist eine mächtigere Waffe als jedes Schwert, jedes Gewehr, jede Bombe je sein kann!“
Der Mann rief die Worte inzwischen und zeigte in die Menge.
„Fragt euch selbst: Könntet ihr jemanden schlagen, der euch mit Liebe begegnet? Ich könnte es nicht.
Und dann fragt euch selbst: Wie tief ist euer Glaube noch, wenn ihr hier und heute nicht bereit seid, anderen Menschen die Liebe zu geben, die ihr selbst sucht? Die Liebe, die Gott euch gibt, die Liebe, die sein Sohn euch lehrte!
Es heißt, alle Menschen wären Gottes Kinder. Doch fragt euch selbst: Wenn wir alle Gottes Kinder sind, welches Recht hat dann einer, den anderen zu verurteilen, weil er Gott anders anbetet? Solltet ihr nicht alle Menschen, die Gottes Kinder sind, als Schwestern und Brüder sehen und unsere Mitmenschen als Schwestern und Brüder lieben?
Darum nennen Sie mich Bruder, habe ich Recht, Pater?“
Pater Cleophus Brown nickte. Er stand auf und schritt auf den Mann mit den verschiedenen Augen zu.
„Amen, Bruder! Ich hätte es nicht besser sagen können.“
Der Mann lächelte und verbeugte sich. Dann lief er schweigend zum Ausgang.
„Wie heißt Du, mein Sohn?“, rief der Pater, als der Mann die Tür erreicht hatte.
„J.C.“, antwortete der andere knapp und schritt durch die Kirchenpforte.
Pater Cleophus Brown sah in die Menge, doch seine Gemeinde schwieg. Einige Menschen sahen dem Priester erwartungsvoll in die Augen und erwarteten seine Antwort. Andere blickten verständnislos drein, denn sie verstanden die Frage nicht.
„So, wie sie uns begegnen!“, rief ein Mann. „Wir müssen sie an allen Fronten bekämpfen, ganz einfach!“
Pater Brown lächelte und sah den Mann an.
„Auge für Auge, Zahn für Zahn. So steht es geschrieben. Überzieht der Feind uns also mit Gewalt, so muss er ebendiese Gewalt ernten, habe ich Recht, meine Schwestern und Brüder?“
„Amen“ und „Hallelujah!“ hallte es in der Kirche, doch der Blick des Paters blieb an einem Mann hängen, der still auf seinem Platz saß und lächelte. Seine Augen hatte er niedergeschlagen, die Finger beider Hände bis auf Daumen und Zeigefinger miteinander verschränkt. Die Daumen des Mannes ruhten an seinem Kinn, die Zeigefinger lagen auf seiner Nase.
„Was ist mit Dir, Bruder?“, fragte der Pater. „Stimmst Du nicht ein? Stimmst Du nicht zu?“
Der Mann lächelte weiter und schüttelte leicht den Kopf.
„Du meinst also nicht, dass wir unseren Feinden ihre Gewalt mit gleicher Münze zurückzahlen sollten?“.
Der Mann hob den Kopf und Cleophus Brown starrte in die durchdringendsten Augen, die er je sah, ein grünes Auge, ein blaues Auge mit goldenen Tupfen. Der Mann lächelte weiter. Es war ein herzliches, wahrhaftiges Lächeln ohne allen Falsch.
„Nein“, antwortete der Mann schlicht und Pater Brown blickte ich neugierig an.
„Was also, meinst Du, sollen wir tun? Wie sollen wir diesen Menschen begegnen?“
„Wie gehen Sie mit den Menschen um, die von Ihnen selbst Ungläubige genannt werden?“, fragte der Mann ruhig und lächelte weiter.
„Wir versuchen, sie auf den rechten Weg zu bringen, wie es uns der Herr Jesus Christus auftrug“, gab der Priester zurück und lehnte sich gegen die Kirchenbank. „Was sollen wir sonst tun?“
„Euch fragen, ob der Weg dieser Menschen nicht auch ein Weg ist, Gott zu dienen.“
Pater Brown hob die Augenbraue und sah tief in die ungleichen Augen des anderen.
„Und doch sind da Bomben und Gewalt gegen uns, weil wir andersgläubig sind. Sollen wir uns nicht wehren, Bruder?“
Der Mann kicherte.
„Bruder? Um ehrlich zu sein, bin ich nicht einmal Christ.“
Ein Raunen ging durch die Gemeinde.
„Du bist kein Christ?“, hakte der Pater freundlich nach. „Und doch sitzt Du hier im Gottesdienst?“
„Ja.“
Der Mann lächelte immer noch. Der Pater, dachte er, wollte auf etwas Bestimmtes hinaus. So
missionarisch er sich am Anfang auch gegeben hatte, es schien ihm nichts auszumachen, dass er in der Kirche, im Gottesdienst eine Grundsatzdiskussion mit einem Nichtchristen führte. Das galt jedoch nicht für die gesamte Gemeinde.
„Blasphemie“, schrie jemand in der hintersten Reihe. „Das ist Blasphemie! Wie kannst Du es wagen, uns und den Pater belehren zu wollen?“
Pater Brown drehte sich nach dem Rufer um. Dann sah er wieder seinen Gesprächspartner an, lächelte und fragte: „Möchtest Du etwas dazu sagen?“
Der Mann stand auf und drehte sich zu dem Rufer um.
„Ist es nicht auch Blasphemie, jemandem im Hause Gottes das Wort zu verbieten? Ist es nicht Blasphemie, in Gottes Namen Krieg gegen Menschen zu führen, die ihn unter einem anderen Namen anrufen?“
„Spar Dir Deine teuflischen Reden!“, erklang ein Schrei von der anderen Seite des Raumes.
Der Mann blickte die Ruferin an und legte den Kopf ein wenig auf die Seite.
„Ihr wollt also Gleiches mit Gleichem vergelten? Ihr ruft dies hier und heute laut aus, an dem Tag, an dem der Mann geboren wurde, der für euch der Heiland ist? Ist das nicht Blasphemie?“
Die Gemeinde murmelte. Ein Junge, der zwei Reihe vor dem Mann saß, blickte ihn verständnislos an. Die Frau neben dem Jungen wiegte den Kopf und murmelte etwas wie „Schon möglich.“
„Ihr ruft also am Tage der Geburt Christi zu Gewalt gegen Andersdenkende auf?“, rief der Mann der Gemeinde zu. „Dann seid ihr genauso schlimm wie die, die ihr eure Feinde nennt. Womit habt ihr dann verdient, dass ihr in Frieden leben dürft?“
Rufe erschollen und des Paters Blick wurde neugieriger.
„Was also schlägst Du vor, Bruder?“
Der Mann blickte kurz zu Boden und heftete seine Augen schließlich auf die des Priesters.
„Warum nennen Sie mich Bruder, Pater?“
„Ich glaube, Du wirst selbst drauf kommen“, antwortete der Priester lächelnd. „Wie sollen wir also denen begegnen, die uns als Feinde ihres Glaubens betrachten?“
Der Mann hob die Hand an sein Gesicht und ging ein paar Schritte.
„Was wollt ihr“, fragte er die Gemeinde schließlich, „wie man euch begegnet?“
Die Menschen schwiegen.
„Sagt mir“, fuhr der Mann nach einer kleinen Pause fort, „warum man euch mit Feindschaft begegnet! Was haben diese Menschen für ein Problem?“
Wieder herrschte Stille. Eine Frau begann „Sie…“, schwieg dann aber. Das Lächeln des Mannes wurde breiter aber nicht weniger offen, warmherzig und ehrlich.
„Das Problem seid ihr!“, warf er den Menschen an den Kopf und erntete empörtes Raunen. Bevor ihm jemand ins Wort fallen konnte, fuhr er fort: „Ihr erwartet, dass man euch euren Glauben lässt. Gleichzeitig erwartet ihr aber, dass andere auch eurem Weg folgen. Feind, ruft ihr. Ungläubiger, Terrorist! Ihr erwartet, dass man euch mit Frieden begegnete, aber ihr geht diesen Weg nicht voran.
Und ihr folgt damit eurem eigenen Glauben nicht mehr. Ihr nennt es Blasphemie, dass ich hier spreche? Ich nenne es Blasphemie, dass ihr euch Christen nennt, denn ihr folgt nicht den Worten Jesu.“
Erneut erhob sich Empörung. Der Mann aber hob die Hand und lief zur ersten Reihe. Er stellte sich vor die Menschen hob die Hände.
„Ihr fragt, wie ihr euren Feinden begegnen sollt? Ich sage euch, wie: mit Liebe!
Ihr fragt, warum ihr die lieben sollt, die euch als ungläubigen Feind betrachten? Ich sage euch: weil es geschrieben steht. Und weil es richtig ist.
Liebet eure Feinde, tut denen wohl, die euch hassen! So sprach Jesus Christus, der Heiland. Lest es nach! Das Evangelium nach Lukas, Kapitel 6, Vers 23.
Ihr wollt Frieden? Dann, sage ich euch, geht nach diesem Gottesdienst hinaus und klingelt bei Hassan ibn Ahmad! Wünscht ihm einen schönen Tag und wechselt ein paar Worte mit ihm. Ladet ihn zu euch ein! Nicht, um mit euch Weihnachten zu feiern. Ladet ihn einfach ein! Nehmt die Menschen an, wie sie sind und glaubt mir: Diese Liebe gegen den anderen Menschen ist eine mächtigere Waffe als jedes Schwert, jedes Gewehr, jede Bombe je sein kann!“
Der Mann rief die Worte inzwischen und zeigte in die Menge.
„Fragt euch selbst: Könntet ihr jemanden schlagen, der euch mit Liebe begegnet? Ich könnte es nicht.
Und dann fragt euch selbst: Wie tief ist euer Glaube noch, wenn ihr hier und heute nicht bereit seid, anderen Menschen die Liebe zu geben, die ihr selbst sucht? Die Liebe, die Gott euch gibt, die Liebe, die sein Sohn euch lehrte!
Es heißt, alle Menschen wären Gottes Kinder. Doch fragt euch selbst: Wenn wir alle Gottes Kinder sind, welches Recht hat dann einer, den anderen zu verurteilen, weil er Gott anders anbetet? Solltet ihr nicht alle Menschen, die Gottes Kinder sind, als Schwestern und Brüder sehen und unsere Mitmenschen als Schwestern und Brüder lieben?
Darum nennen Sie mich Bruder, habe ich Recht, Pater?“
Pater Cleophus Brown nickte. Er stand auf und schritt auf den Mann mit den verschiedenen Augen zu.
„Amen, Bruder! Ich hätte es nicht besser sagen können.“
Der Mann lächelte und verbeugte sich. Dann lief er schweigend zum Ausgang.
„Wie heißt Du, mein Sohn?“, rief der Pater, als der Mann die Tür erreicht hatte.
„J.C.“, antwortete der andere knapp und schritt durch die Kirchenpforte.