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Originaltitel: La Gang dei Sogni
784 Seiten (Taschenbuch)
ISBN: 9783404160617
Inhalt:
New York, 1909. Aus einem transatlantischen Frachter steigt eine junge Frau mit ihrem Sohn Natale. Sie haben ihre süditalienische Heimat verlassen, um in Amerika ihren Traum von einem besseren Leben zu verwirklichen. Doch ihre Hoffnung weicht schon bald tiefster Ernüchterung, denn in der von Armut, Elend und Kriminalität beherrschten Lower East Side gelten die brutalen Gesetze der Gangs. Nur wer über ausreichend Mut und Kraft verfügt, kann sich hier behaupten. So wie der junge Natale, dem überdies ein besonderes Charisma zu eigen ist, mit dem er die Menschen zu verzaubern vermag ...
(Quelle: Verlagsangaben)
Meine Meinung:
Mein erster Gedanke war: Anders als erwartet. Andererseits trifft dies aber nicht zu, da der Klappentext schon verrät, dass die Geschichte von Gewalt geprägt sein würde. Und wenn man ein bisschen über die Geschichte Amerikas in den 20er Jahren weiß, sollten einen einige Aspekte erst recht nicht überraschen. Und dennoch habe ich mir irgendwie etwas anderes vorgestellt.
Was ich direkt an dieser Stelle sagen möchte: In meinen Augen ist das Buch nicht für LeserInnen unter 16 Jahren geeignet. Zu sehr ist die Geschichte von Gewalt, Sexualität und vor allem der Verbindung beider Aspekte geprägt. Das beginnt mit einer Vergewaltigung zu Beginn der Geschichte, der Prostitution von Natales Mutter über ein Verbrechen an einem jungen Mädchen, das sich, genau genommen, über die ganze Handlung erstreckt und immer wieder aufgegriffen wird.
Di Fulvio ist unglaublich stark darin, Emotionen zu zeichnen. Man ist als Leser gefangen in einem ständigen Wechsel aus Sympathie, Antipathie und Angst, Hoffnung und Enttäuschung. Es gibt keinen "sanften" Einstieg in die Geschichte, sondern man steckt direkt mittendrin. Und wenn der Erzähler uns von einer Vergewaltigung, einem anderen Verbrechen oder aber einvernehmlichem Sex berichten will - nun, dann tut er es einfach.
Sehr schön finde ich, dass man zu jeder Figur direkt eine Art "Beziehung" aufbauen kann - ob nun sym- oder antipathischer Art sei einmal dahin gestellt - und dass es dem Autor dennoch gelingt, das Bild, das man sich von einer Person macht, zu verändern. Das macht in meinen Augen auch seinen Schreibstil aus. Di Fulvio schreibt zugleich sehr angenehm und aufreibend, eben immer der Situation entsprechend. Und so kann er humoristisch angehauchte Szenen genauso authentisch darstellen, wie die weniger schönen.
"Nur ein Idiot hätte keine Angst, nur mit einer Trompete und einem Holzschwert am Gürtel auf einen Turm zu klettern."
Obwohl ich alle Charaktere sehr gut gezeichnet fand und mit jedem in seiner Art und Weise mitfühlen konnte (wobei ich den einen mehr gehasst und den anderen bemitleidet habe), gab es einen, der deutlich herausgestochen hat (was vermutlich auch beabsichtigt ist): Christimas, die Hauptfigur. Vor allem gefesselt hat mich nicht, wie im Klappentext beschrieben, seine Gabe die Menschen zu verzaubern, vielmehr war es der Fakt, dass er ein unglaubliches Steh-auf-Männchen ist, er hat einen Traum und weiß dafür zu kämpfen - auch wenn die Verwirklichung seines Traums noch so unmöglich scheint. Mir gefällt die einfache, aber wichtige Botschaft, die hinter diesem Charakterzug steckt: Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Auch war ich aber natürlich immer wieder beeindruckt von Christmas Beziehung zu den anderen Personen. Er ist eben wirklich "der Junge der Träume schenkte".
Fazit:
"Der Junge der Träume schenkte" ist wirklich ein gelungenes Buch. Ein Buch, das einem deutlich vor Augen führt, wie wichtig es ist, für einen Traum zu kämpfen, wieder aufzustehen, wenn man fällt - und sich nicht reinreden zu lassen von Leuten, die meinen, dass man etwas nicht schaffen kann.
Da ich allerdings finde, dass das Buch gekennzeichnet werden sollte (nach dem Motto FSK 16), auf Grund der immer präsententen Darstellung von Sex und Gewalt, kann ich dem Buch leider nur 4 von 5 Sternen geben.
Trotzdem eine klare Leseempfehlung meinerseits!
"Gute Nacht, New York. Und denk dran ... die Diamond Dogs wachen über deine Geschichten."
Anmerkung: Die kursiven Sätze sind Zitate aus dem Buch. (c) Luca Di Fulvio