Okay, meine Meinung zum Film. Man kann es streckenweise mit einem Augenzwinkern betrachten, der Verriss ist nicht ganz so übel gemeint, wie er klingt, aber der Film hat mich einfach so schrecklich enttäuscht und je länger ich darüber nachdenke, umso schlimmer wirds
Selbstverständlich nichts gegen Leute, die den Film mochten, aber mich konnte er einfach beim besten Willen nicht überzeugen, auch wenn ich so so so gespannt darauf war :'(
Diese Buchverfilmung zählt wohl eindeutig zu den von mir am meisten erwarteten Filmen dieses Jahres. Seit Monaten habe ich diesem Streifen entgegen gefiebert, habe die Besetzungen mit Feuereifer verfolgt, jede noch so kleine Information aufgesaugt und die Spannung wuchs und wuchs ins unendliche. Als ich den Film dann nicht gleich zum Start am letzten Donnerstag sehen konnte, war die Enttäuschung natürlich groß und ich musste mich mit all den hervorragenden und lobenden Kritiken begnügen, die selbst strenge Filmportale verfassten. Von Oscars war da die Rede, von unglaublichen Leistungen von Schauspielern und Filmemachern. Und zugegeben hatte ich bis dahin immer gehofft, der Film würde gut werden, nach diesen Texten war ich sicher: Er muss ein Meisterwerk sein. Dank meiner maßlos übersteigerten Erwartungen, verließ ich das Kino gestern Abend dann jedoch mehr als ernüchtert ...
Der Film beginnt mit interessanten und gekonnten Momentaufnahmen aus Distrikt 12, die mir sehr gut gefallen haben. Armut, Hunger, harte Arbeit, Kampf ums Überleben und gleichzeitig doch die Liebe zwischen zwei Schwestern, Katniss, die auf ihre jüngere Schwester Prim Acht gibt und alles für sie tun und opfern würde. Das hat mir sehr gut gefallen, mit stimmigen, knappen Eindrücken und Szenen gelingt des Regisseur Gary Ross die Stimmung des Distrikts einzufangen und gleichzeitig das starke Band zwischen den Schwestern aufzuzeigen, die Schwäche von Prim und die Stärke von Katniss, die sich dazu verpflichtet fühlt, ihrer Schwester zu helfen.
Die folgende Ernte: Surreal und entrückt, voller Stille und Schrecken, die kunterbunte Effie, die mit ihrer hell überspitzen Stimme die Jugendlichen aufruft, die in die Arena zum Sterben geschickt werden sollen. Musik wird nur punktuell eingesetzt und Schweigen untermalt die grauenvollen Szenen voller Angst - Das hat mir gut gefallen, ist stimmig und passend. Das große Herzklopfen bei der Auswahl der Tribute aus Distrikt 12 blieb bei mir leider trotzdem aus, obwohl Jennifer Lawrence als Schauspielerin nicht nur hier sondern auch im Rest des Filmes wundervoll und passend ist, sowohl in den trockenen als auch in den emotionalen Stellen.
Mit der Ankunft im Kapitol war aber leider auch schon fast alles, das ich an diesem Film gut fand, vorüber, dabei halten sich die Macher doch so wunderbar an die Vorlage des Buches. Was ist also das Problem? Für mich liegt es auf zwei Hauptpunkten.
1. Der Film ist ab 12 und somit vollkommen weich geklopft, Szenen, die eigentlich hätten erschreckend oder spannend sein sollen, sind mehr als matt und ermüdend - Darauf gehe ich später noch genauer ein.
2. Der Film hat keine eigene Magie, keine eigenen Ideen. Ja, er hält sich an das Buch. Ordentlich abgefilmt, würde ich sagen, aber keine Spur von Innovation, von Ideen, keine unerwarteten Momente, keine Wow-Effekte. Das macht ihn austauschbar, in meinen Augen in allen Punkten. Aber gehen wir der Reihe nach vor.
Die Ankunft im Kapitol also. Die Menschen, die im Buch als surreal und viel zu bunt beschrieben werden, sind es auch im Film, ein bunter Haufen grotesk geschminkter Menschen, die im Kopf nicht so ganz die Hellsten sind. Was im Buch aber nicht nur verstörte, sondern den Leser auch aufgrund all dieses Luxus' wütend machte, wirkt im Film cartoonhaft unpassend, lachhaft, als wäre man zur Faschingszeit in ein Irrenhaus gestolpert. Ich habe immer wieder, wenn ich die Leute aus dem Kapitol gesehen habe, wirklich lachen müssen - jedoch nicht, weil ich diese Menschen so lächerlich fand, sondern die filmische Umsetzung, die dermaßen maßlos übertrieben war, dass es schon fast an Satire grenzte.
Neben den Friedenswächtern, die aussehen, als wären sie gerade erst vom Star Wars Set hereingestolpert und den Kapitol-Clowns kann auch die Szene der Einfahrt der Tribute auf ihren Pferdewagen optisch nichts hermachen, im Gegenteil war die Szene mit dem "Mädchen, das in Flammen steht" eine der enttäuschendsten des Filmes für mich. Abgesehen davon, dass die Feuer-Animation eher lächerlich als beeindruckend wirkte, machte die Szene auf mich den blassen Eindruck, als hätten sich die Filmemacher kurz vorher erst "Gladiator" angesehen und spontan entschlossen, dass man was Innovativeres ja eigentlich auch nicht braucht. Wenn dann der Weihnachtsmann (alias President Snow) von seiner Tribüne aus die Tribute Willkommen heißt, lässt sich nur hoffen, dass zumindest der Part in der Arena irgendwie noch aufregend werden könnte.
Pluspunkt war für mich dann Stanley Tucci, der als Showmaster einen herrlichen und glaubwürdigen Auftritt hinlegt, der zwischen Witzigkeit und Schrecklichkeit schwankt - passend. Der optische Hingucker des Filmes sind dann die Szenen im Kontrollraum, die toll und futuristisch wirken - Schade, dass das die einzige zumindest halbwegs innovative Idee ist, die man hier finden kann.
Und dann ab in die Arena, in der es dann so richtig spannend wird - für die Zwölfjährigen unter uns. Szenen, die eigentlich von der Schrecklichkeit der Brutalität des Kampfes zeugen sollten, sind wunderbar auch für die jüngsten unter uns weichgeklopft bis zum Geht-nicht-mehr und wenn in der Kampfszene am Füllhorn die ersten Jugendlichen getötet werden, entlockt sich dem erwachsenen Menschen leider nur ein müdes Gähnen. Das ganze Kameragewackel - eigentlich ein interessantes, wenn auch schon allzu bekanntes, Stilmittel - dient dabei natürlich wunderbar der Verschleierung von allem, das irgendwie nach Blut oder Wunden aussehen könnte, selbst die Szene mit dem Jägerwespennest, die ganz gut war, konnte an den sonst eher lahmen Arena-Szenen nichts ändern.
Was mir wiederum gefallen hat, war das Zusammenspiel von Katniss und Rue, in wenigen Szenen sind die beiden sich schon sehr vertraut und besonders die kleine Rue wächst einem ans Herz. Die Stelle des Filmes, die emotional wohl am berührendsten war,
- Spoiler:
stellte der Aufstand dar, der sich nach Rues Tod in Distrikt 11 auftut, ein gekonntes Aufflammen von Emotionen, die der Film abgesehen davon so schmerzlich vermisst.
Besonders wundervoll und daher erwähnenswert auch: Das Finale in der Arena. Nicht. Damit es auch für die kleinen Zuschauer nicht allzu gruselig wird, sind die "Mutationen" am Ende keine Mischungen aus den verstorbenen Tributen und anderen seltsamen Geschöpfen, sondern einfach nur hässliche Hunde.
- Spoiler:
Aufgetaucht, ein bisschen an Cato herumgenagt und wieder abgezogen, die so verstörende finale Arena-Szene, in der Katniss und Peeta auf dem Füllhorn sitzen und darauf warten, dass die Sonne aufgeht und Cato stirbt dauert kaum 10 Sekunden.
Als hätte man es nicht erwarten können, die Sache zu Ende zu bringen, dauert der Film dann nur noch wenige Minuten an, man schustert sich mit einem mehr oder weniger epischen Abgang von President Snow noch rasch ein offenes Ende und vorbei wars.
FAZITDie Frage ist ja: Warum soll ich mich besonders für einen Film anstrengen, wenn ich eh schon eine feste Fangemeinde habe? Oder: Warum soll ich mir innovative Dinge einfallen lassen, wenn ich auch einfach dermaßen viel Geld für Marketing ausgeben kann, dass am Ende eh alle denken, ich hätte irgendwas ganz Besonderes geschaffen?
Ich habe noch nie einen so schlimmen Verriss geschrieben, aber ich bin einfach dermaßen enttäuscht. Dieser Film ist eine ganz gute Buchverfilmung, keine Frage, aber er ist austauschbar. Spannung ist sicherlich Geschmackssache und auch wenn ich sie zu keiner Zeit gefühlt habe, kann ich mir vorstellen, dass es bei anderen so sein könnte. Aber selbst, wer sich unterhalten gefühlt hat, kann nicht leugnen, dass dieser Film nichts Neues bietet - Die wenigen Musik-Einschübe waren so abgelutscht, dass sie den Film auch gleich ganz still hätten lassen können, das hätte mir besser gefallen. Die Leistungen der Schauspieler, die man wirklich loben kann, können leider auch nicht über das Fehlen von Ideenreichtum und Innovation hinwegtäuschen.
Star Wars Friedenswächter treffen sich mit Irrenhaus-Clowns, um Gladiatorenwagen bei der Einfahrt zuzusehen, selbst Katniss läuft vor den schlechten Feuer-Animationen davon. Wer schon immer einmal dabei zusehen wollte, wie Jugendliche einander in einer Arena "abschlachten" (der Film wäre erschreckender gewesen, wenn sie sich zu Tode gestreichelt hätten) und dabei nicht die Anwesenheit seiner 12-jähirgen Mitbürger missen möchte, für den wird dieser Film genau das Richtige sein.