Drachen der Finsternis ~ Antonia Michaelis
446 Seiten
Loewe Verlag
2008
Antonia Michaelis wurde 1979 in Kiel geboren. Fünf Jahre später begann sie zu schreiben - und hat seitdem nicht mehr damit aufgehört: während ihrer Schulzeit in Augsburg oder auf ihren zahlreichen Auslandsreisen. Sie ließ sich inspirieren von der englischen Literaturgeschichte, die sie in ihrem ersten großen Kinderroman "Die wunderliche Reise von Oliver und Twist" verarbeitete. Antonia Michaelis lebt im Nordosten Deutschlands und hat gerade ihr Medizinstudium abgeschlossen.
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Handlung
Arne, der ältere Bruder des 14-jährigen Christopher, reist nach dem Schulabschluss nach Nepal und verschwindet dort. Offenbar wurde er von aufständischen Maoisten entführt. Christopher möchte ihm helfen, weiß aber nicht wie. Beim Betrachten eines Bildbandes über Nepal findet er sich plötzlich im Urwald in Nepal wieder - und begegnet Jumar, dem aus unbekannten Gründen seit seiner Geburt unsichtbaren Sohn des nepalesischen Königs. Jumar, ebenfalls 14, ist aus dem Palast des Königs weggelaufen, um den Anführer der Maoisten zu töten - seine Unsichtbarkeit verschafft ihm dabei einen großen Vorteil.
Christopher und Jumar machen sich gemeinsam auf die Reise durch den Himalaya, denn sie haben dasselbe Ziel: Das Basislager der Aufständischen.
Unterwegs begegnen sie vielen Gefahren und werden sehr enge Freunde. Sie sehen, was die Drachen anrichten können: Sie fressen die Farben der Welt, und wer ihren Schatten berührt, wird zu einer Bronzestatue verwandelt.
Mit der Zeit kommen sie zahlreichen Geheimnissen auf die Spur, die alle miteinander in Verbindung stehen - Jumars Unsichtbarkeit, die mal nützlich, mal hinderlich ist und die Herkunft der Drachen und vieles andere.
Meine Meinung
Ich bin versucht, das Buch einzig wegen des wunderschönen Schreibstils zu empfehlen. Ein wahrer Genuss!
Das Buch ist etwas für fantasievolle Menschen. Es wird nicht alles aufgeklärt, Fragen bleiben offen, und man muss für sich selbst entscheiden, was denn nun wirklich passiert ist und was nicht. Denn man fragt sich als Leser immer wieder: Was ist denn nun Traum, und was Realität? Und man fragt sich, ob ein Buch wirklich in allen Punkten den Gesetzen der Logik folgen muss.
Die Zielgruppe sind sicher hauptsächlich Jugendliche, aber auch als Erwachsener kann man viel Freude daran haben.
Antonia Michaelis beschreibt sehr feinfühlig das Grauen von Krieg und Not. Ohne moralischen Hammer gelingt es ihr, eine Botschaft zu vermitteln. Sie stößt den Leser nicht in irgendeine Richtung, sondern überlässt ihm die Entscheidung über richtig und falsch und teilt die Welt nicht in Gut und Böse.
Wie ja schon oben erwähnt, ist der Schreibstil einsame Spitze. Ich habe selten so gerne gelesen und so sehr die einzelnen Sätze genossen wie hier. Von den Buchstaben geht eine fast magische Wirkung aus, die die Augen förmlich ans Papier fesselt.
Das und die wunderschöne Handlung, die mich teilweise zu Tränen rührte, machen Drachen der Finsternis zu einem ganz besonderen Leseerlebnis.
Es ist kein klassisches Buch mit klassischen Drachen, man muss sich auf die Geschichte einlassen und darf nicht mit der Erwartung herangehen, am Ende eine 100% logische Auflösung zu haben. Ich würde das Buch fast als Märchen bezeichnen. Man sollte es auf jeden Fall als solches lesen.
Das Nepal im Buch hat mit dem, das wir kennen, wenig bis nichts zu tun, das sollte ich vielleicht noch erwähnen.
Mein Herz ist gierig nach Leben
Leben im Land meiner Väter
Mein Herz ist gierig nach Leben
Doch sie sagen: Das Leben kommt später
Zuerst kommt der Tod, der uns befreit
Und sie fragen mich: Bist du zu sterben bereit?
Für die Stille, die Träume, den Schlaf und den Frieden im Land deiner Väter?
Und ich sage: Die Stille, die Träume, der Schlaf und der Frieden: Das alles kommt später …
Zuletzt von Falko am Fr 09 Dez 2011, 23:43 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet