- Technische Daten:
- Solange die Nachtigall singt
Antonia Michaelis
Oetinger-Verlag
447 Seiten
2012
Hardcover
16,95 €
Still, still, meine Nachtigall,
still, still.
Und wenn der Tag geht
und wenn der Wind weht
und wenn es Nacht werden will,
sitz ich am alten Ort,
doch du bist lange fort,
still, still.
Inhalt
Nach Abschluss seiner Tischlerlehre möchte Jari wandern, um dem tristen Alltag einige Wochen zu entkommen und die Natur zu genießen. Doch er kommt nicht weit: In einem kleinen Dorf trifft er Jascha, die ihn in ihr Zuhause - ein tief im Wald verborgenes Haus - nimmt. Jascha ist das schönste und faszinierendste Mädchen, dem Jari je begegnet ist, doch ein düsteres Geheimnis umgibt sie und zieht Jari tief hinein in ihre düstere, undurchschaubare Welt, die aus ihm einen gänzlich anderen Menschen macht ...
Meine Meinung
Ich war sehr, sehr gespannt auf das Buch, nachdem ich Michaelis' Märchenerzähler geliebt habe.
Und es zog mich sofort in seinen Bann. Es ist düster, voller Abgründe, in die man nicht blicken will und strahlt eine Atmosphäre aus, die mich noch immer nicht losgelassen hat.
Von Anfang an wusste ich, dass da ein Geheimnis im Wald verborgen liegt, dem ich, gemeinsam mit Jari, Stück für Stück näherkam.
Vieles erklärte sich erst ganz am Schluss, manches nie, manches hätte ich lieber nie erfahren.
Antonia Michaelis' Schreibstil ist unzweifelhaft der schönste, poetischste und faszinierendste, den ich je kannte. Das Buch hätte inhaltlich so schlecht sein können, wie es wollte, ich hätte trotzdem nicht genug davon bekommen können.
Ich bin sicher nicht die einzige, die es zwanghaft mit dem Märchenerzähler vergleicht, der für mich nach wie vor DAS Buch von Antonia Michaelis ist.
Obwohl Solange die Nachtigall singt mir immer noch ziemlich nachhängt, kann ich es als bloßes Buch betrachten und ins Regal stellen, während der Märchenerzähler sich auch nach über einem Jahr noch wie eine schlecht verheilte Wunde anfühlt, die immer wieder aufgeht und von Neuem zu bluten beginnt, wenn man zu sehr darauf herumdrückt.
Die Nachtigall ist weniger realistisch, märchenhafter und sogar surrealer, und anstatt den Leser mit all der zarten Grausamkeit des Märchenerzählers zu zerreißen, erdrückt sie ihn mit ihrer Düsternis und den Abgründen, über denen man von Anfang bis Ende schwebt.
Ich mochte es sehr und will es jedem weiterempfehlen, der Michaelis' Bücher mag.
Es berührte mich sehr, das Ende lief nicht ohne Tränen ab und ließ mich verzaubert und ein wenig nervös zurück.
Ein dickes Plus gibt es außerdem für das Cover, das so wunderschön (Jawoll, liebe Vee ) und passend zum Inhalt ist. Und, wie schon beim Märchenerzähler, unterscheidet der Schutzumschlag sich vom Buch selbst, aber worin genau der Unterschied liegt, mag ich hier noch nicht verraten
5/5
Still, still, meine Nachtigall,
still, still.
Und wenn die Nacht geht
und der Wind nicht mehr weht
und wenn es Tag werden will,
hör ich manchmal dein Lied,
das durch die Nebel zieht,
still, still.