Wir treffen uns, wenn alle weg sind
Iva Procházková
Sauerländer Gebunden 304 Seiten ISBN 978-3-7941-8055-4 14,90 € (D) 15,40 € (A), 24,90 SFr (CH) | Fischer Schatzinsel (Reihe generation) Taschenbuch 304 Seiten ISBN 978-3-596-80812-0 7,95 € (D) 8,20 € (A), 11,90 SFr (CH) |
Inhaltsangabe
Mojmir Demeter hat sich in eine Hütte in den Prager Bergen zurückgezogen. Dort kümmert er sich um eine alte Frau, kocht für sie und macht ihr den Haushalt. Mit seinen Freunden in der Stadt ist er per Handy in Verbindung und die Welt um ihn herum verändert sich. Schlimme Nachrichten dringen zu ihm durch: eine Virus-Epidemie grassiert, viele Bewohner Prags und auch anderer Städte sind schon angesteckt ... Als nach und nach der Kontakt zu allen, die er kennt, abbricht, wird Mojmir die Sache unheimlich. Wird der Virus etwa die gesamte Zivilisation auslöschen?
Eine Virusepidemie greift um sich und droht, die Zivilisation auszulöschen
Quelle: http://www.sauerlaender.de/titel-0-0/wir_treffen_uns_wenn_alle_weg_sind-6738/
Über die Autorin
Iva Procházková, geboren 1953 in Tschechien, lebte 1986–95 mit ihrer Familie in Deutschland und kehrte danach wieder nach Prag zurück. Ab 1998 war sie zunächst Chefredakteurin für das Themenfeld Kinder, Jugend, Familie beim öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, später Produzentin. Seit vielen Jahren schreibt sie für Kinder und Jugendliche. Sie wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und 1997 für die Hans-Christian-Andersen-Medaille nominiert.
Quelle: http://www.sauerlaender.de/personen-0-0/iva_prochazkova-1148/
Pressestimmen
»Gerade Iva Procházkovás Tänzeln zwischen Abgründen, Ebenen und lichten Höhen macht ihre Geschichten so liebenswert.« SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
»Liebevoll, witzig und mit großer Spannung entwickelt die Autorin ein futuristisches Szenario, das unglaublich realistisch erscheint.« BuchMarkt
»Durch sinnliche Sprachbilder und poetische Passagen, vor allem aber durch die Warmherzigkeit und emotionale Wachheit der Hauptfigur wirkt er nur selten wirklich bedrohlich - jugendliche Neugier und Unverblümtheit, gepaart mit Menschenliebe, bestimmen vielmehr den Ton. Nicht Gut gegen Böse tritt in diesen Geschichten gegeneinander an. Vielmehr offenbaren sich den beiden Helden durch die existentielle Bedrohung ungeahnte eigene Kräfte und die wohltuende Wirkung von Zuneigung, Mut und Toleranz - die wahren Qualitäten des Lebens eben.« LITERATUREN, April 2007
»Procházková versetzt uns in eine unwirklich schwebende, manchmal beinahe idyllische Stimmung, ohne dabei in Fantasy-Welten oder Konfektions-Kitsch abzudriften. Wir werden in einen Albtraum geworfen und spüren doch vor allem eine Verheissung, eine seltsam beschwingte Melancholie.« NZZ, 6.6.2007
Quelle: http://www.fischerverlage.de/buch/wir_treffen_uns_wenn_alle_weg_sind/9783596808120
Meine Meinung
»Cool, ich habe das ganze Leben noch vor mir«, sagte ich, den Blick auf die verlassene Tankstelle gerichtet, auf den geplünderten Kiosk mit den Resten der Ware, die vertrockneten Blumen in Geschenkverpackungen und den Parkplatz, auf dem der Wind Zeitungsfetzen jagte. »Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie es so sein könnte – dieses Leben.«
Ich habe dieses Buch heute ausgelesen und hatte das Gefühl, eine Rezension verfassen zu müssen, da es eher unbekannt zu sein scheint. Was mich sehr überrascht, denn mir persönlich hat das Buch hervorragend gefallen.
Erst einmal muss ich eine Anmerkung zu der Inhaltsangabe machen: Ich habe sie gekürzt, da es mal wieder eine typische „falsche“ (bzw. stark vorausgreifende) Inhaltsangabe ist. Oft wird das Buch auch als „Geschichte einer Freundschaft“ bezeichnet, was nur bedingt nachvollziehbar ist. Meiner Meinung nach hat das Buch ganz andere zentrale Themen: Wie geht man mit Einsamkeit um? Wie baut man sich ein neues Leben in einer leeren Welt auf? Wie gehen die Überlebenden mit einer solchen veränderten Situation um?
Aber ich muss wohl ganz vorne anfangen. Die Hauptperson des Buches ist Mojmir, er ist zusammen mit seinem Freund Egon in einem Waisenhaus in Prag aufgewachsen und hat gerade seine Lehre zum Koch beendet. Nun erfährt er von der Leiterin des Waisenhauses, dass eine alte Dame, die er sehr oft in den Ferien besucht hat, an Krebs erkrankt ist. Sie ist für ihn wie eine Großmutter (er bezeichnet sie auch als „Omi Kalomi“) und so beschließt er zu ihr zu fahren und sich um sie zu kümmern, da sie sich weigert, sich in einem Krankenhaus behandeln zu lassen.
Omi Kalomi wohnt in den Bergen, die Umgebung ist einsam. Es gibt nur einen direkten Nachbarn, den Förster, und so verbringt Mojmir viel Zeit allein mit der alten Frau und fernab der Zivilisation. Von dem Arzt, der zwischendurch nach der Kranken sieht, erfährt er von der Krankheit EBS, die weltweit ausgebrochen ist. Allerdings tut er die Angst vor dem Virus als Überreaktion ab, verweist zum Beispiel auf die Aufregung um die Vogelgrippe.
Erst langsam begreift Mojmir, dass EBS eine sehr viel ernstere Krankheit ist, als er gedacht hatte …
Mojmir empfand ich als unglaublich sympathischen Charakter. Ich konnte mich von Anfang an problemlos in ihn hineindenken. So gelang es mir auch, den Wandel vom lebensfrohen jungen Menschen, der in den Tag hineinlebt, zum Menschen, der sich plötzlich in einer Situation befindet, die er sich so niemals ausgemalt hätte, nachzuvollziehen.
An ganz wenigen Stellen hatte ich das Gefühl, dass der Ausdruck bewusst auf „jugendlich“ getrimmt war, aber ansonsten fand ich den Schreibstil klasse. Fesselnd, flüssig und trotzdem nicht zu leicht.
Stellenweise erinnerte mich das Buch etwas an die „Die Wand“ von Marlen Haushofer, nur dass hier der Protagonist nicht ganz allein mit Tieren ist, sondern durchaus auch auf viele andere Menschen trifft, die auf ihre ganz eigene Art mit der Situation umgehen. Gerade diese Blickwinkel haben mir auch sehr gut gefallen.
Also mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen. Es ist auch eine Lektüre, die einen so lange nicht loslässt und ich muss sagen, dass ich Mojmir ein wenig vermisse und gerne noch weiter gelesen hätte. Ja, ich war wirklich traurig, als das Buch nach 304 Seiten ausgelesen war.