Pooly's Kunst und Schreibforum

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    [Tipp] Sinneseindrücke

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    [Tipp] Sinneseindrücke Empty [Tipp] Sinneseindrücke

    Beitrag von Gast So 10 Jul 2011, 13:39

    Dieser Tipp legt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

    Wir besitzen fünf Sinne.
    Hören. (Baustelle, schreiendes Kind, Haustier, Krach)
    Schmecken. (Essen, Blut oder Gegenstände – Metall)
    Sehen. (Menschen, Natur, Gemälde)
    Riechen. (Pups, Essen, Parfüm, Raum)
    Tasten. (Berührungen, Haut, Kälte, Wärme, Rillen)

    Um eine Geschichte lebendig werden zu lassen, können dich diese Sinne unterstützen. Im echten Leben sind unsere Sinne immer in Arbeit. Wir hören dauernd Geräusche, schmecken immer was – selbst wenn es nur Spucke ist, schauen Serien an, riechen Parfüm oder Gestank und berühren etwas, fühlen etwas. Durch unsere Sinne ist unser Leben intensiver im Auftreten. Stell dir vor, du könntest nur sehen und hören? Wäre nicht sehr schön. Euer Charakter ist erst aus Fleisch und Blut, wenn er Sinneseindrücke wahrnimmt.
    Natürlich sollt ihr nun nicht immer alle Sinne benutzen. Wann benutzt man sie eigentlich?
    Wenn die Figur neue Orte betritt, kann man die Beschreibungen mit den Sinnen verbinden, um das Bild nicht nur zu zeigen, sondern auch um lebendig werden zu lassen.
    Zum Beispiel könnte der Einstieg eures 1. Kapitels im Gasthaus stattfinden. Der Protagonist betritt die Wirtschaft und Sinneseindrücke prasseln auf die Figur ein.

    Geruch – Zigaretten, Bier, Schweiß, Parfüm, Essen, Kaffee, Spirituosen.
    Sehen - Menschen, Teller, Bierkrüge, Essen, Getränke
    Hören – Gelaber; Hund?, Glas, brutzelndes Fleisch in der Pfanne
    Schmecken – Bier, Essen, Lippenstift (Kuss)
    Tasten – dreckige Bierkrüge, Kälte, Wärme, Staub

    Natürlich sollte man diese Eindrücke nicht runterleiern oder hintereinander abfeuern. Sondern gezielt und präzise einsetzen. Versucht auch nicht alle Sinne krampfhaft einzubringen. Entweder sie lesen sich dann seltsam oder passen nicht. Die Sinne müssen sich der Handlung anpassen und nicht andersrum. Gasthausbeispiel: Der Protagonist steht vor einer schäbigen Wirtschaft und beobachtet einen Mörder, der vor zehn Minuten in dieses Gasthaus ging. Er könnte schon Musik und Menschen hören. Er betritt das Gasthaus. Duzende Gerüche schweben in Raum. Er geht zur Theke, währenddessen Sehsinn -> Dreck, Staub. Er bestellt sich ein Bier. Hier könnte man dann, wenn das Getränk angekommen ist, den Tastsinn benutzen um den runtergekommen Zustand der „Hütte“ zu unterstreichen. Er könnte den Staub/Dreck am Glas spüren. Wenn er trinkt, natürlich Geschmackssinn. Manche Sinne könnte man wiederholen. Seh- und Geruchssinn können in so einer Wirtschaft öfter auftreten. Hören sowieso, wenn Dialoge entstehen.
    Hier wäre spezifisches Schreiben wichtig.

    Statt:
    Er konnte das Bier riechen
    Besser
    Der bittere Geruch von Bier (Biergeruch) …

    Geht besser. Riecht Bier überhaupt bitter? In solchen Fällen hilft im Internet nach Informationen suchen oder der Selbsttest -> Bierflasche auf, riechen und versuchen den Geruch als Satz zu formulieren. Seine Sinne zu schärfen kann auch nicht schaden. Rennt mit neugierigen Nasen, gespitzten Ohren, sensibeln Zungen, flinken Fingern und Fernrohraugen durch die Welt.

    Also, statt nur zu schreiben, dass er Bier reicht, verbindet ihr es mit einem Adjektiv und einer Aktion. Natürlich kannst du auch schreiben: Er riecht nur Bier. Auch hier zählt wieder: Bevor sich der Satz umständlich oder zu gewollt liest durch die spezifische Schreibweise, benutzen wir die andere Methode.

    Unser Protagonist befinde sich nun in der Gastwirtschaft, die Handlung schreitet voran, erste Spannungselemente werden gelegt und der Mörder, den unsere Figur verfolgt, nimmt ein Zimmer für die Nacht. So auch unser Protagonist. Er geht in sein Zimmer. Hier könne er ein Monolog führen. Aber nur ein Monolog wäre langweilig, also bringen wir zwischen den Zeilen wieder den gewollten und passenden Einsatz der Sinneseindrücke, damit die Szene noch bildhafter wird, noch lebendiger. Sie könnte auch den Monolog unterstreichen – je nach Monolog/Dialog.

    Vielleicht hat unser Charakter gesoffen? Er geht ins Bett, ohne Monolog, riecht höchstens seine eigene Fahne. Er wird durch die Sonnenstrahlen geweckt, geht aufs Klo und kotzt. Hier wieder Sinneseindrücke, die seinen Zustand unterstützen.
    Wären die allgemeinen Sinneseindrücke. Ich hoffe, ihr seht, wie viel Spaß mir dieser Beitrag macht. Denn ich liebe Sinneseindrücke.

    Man könnte dadurch auch Spannung aufbauen. Erst hört unsere Figur ein fauchendes, zischendes Geräusch. Eine Schlange? Riecht etwas. Der Duft von Blut hängt in der Luft. Die Figur tastet, fühlt Fell zwischen seinen Fingern und auf einmal geht das Licht an und eine Katze steht vor seinen Augen. Na, wer hat ein Monster erwartet?

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    Beitrag von Verwunschen Di 19 Jul 2011, 10:56

    hallo Schreibnerd :)

    danke dür diese schöne Erklärung :) man merkt wirklich, wie sehr dir das spaß macht ^^
    und ich fand das wirklich hilfreich, weil mir das bisher nicht wirklich gelang, das umzusetzten, aber sobald ich wieder einmal zum Schreiben komme, werd ich mir das Fred sicherlich zur Hilfe nehmen.
    Du konntest das wirklich schön bildlich beschreiben und mir war bis jetzt auch nicht so ganz klar, dass das vllt genau in meinen Geschichten gefehlt hat.

    vlg
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    Beitrag von Pooly Do 21 Jul 2011, 02:46

    Hallo Nerd!

    Danke für diese nützliche Einführung. Ich kann dir nur zustimmen, genau diese Sinneseindrücke sind es, die Geschichten interessant und vor allem lebendig machen, die sie anfassbar machen und dem Leser vorspielen, direkt drin zu sein. Das müssen keine großen Beschreibungen sein, keine seitenlangen Ausführungen, nur immer wieder kleine Hinweise, Nebensätze, die Sinneseindrücke beschreiben und der Geschichte einen Hauch Leben geben.

    In meinen Schreibanfängen habe ich es tatsächlich immer so gemacht, dass ich mir an den Rand des Blattes alle Sinne aufgeschrieben habe, damit ich es nicht vergesse. Damals fiel mir das noch schwerer. Inzwischen ist es in Fleisch und Blut übergegangen, denke ich :)

    Liebe Grüße
    Marie
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    Beitrag von SaKi Do 21 Jul 2011, 11:02

    Hallo Nerd,

    danke für diesen schönen Tipp! Ja, es ist wichtig, möglichst viele der Sinne einzubeziehen – wenn sie passen. Das macht die Plastizität einer Geschichte aus.
    Gerade reizvoll ist es auch, wenn einer der Sinne fehlt. Der Protagonist ist also z.B. gefesselt und geknebelt, seine Augen sind verbunden. Er kann nur Hören und Riechen, vielleicht noch Tasten, das Schmecken beschränkt sich auf den stinkenden, alten Knebel in seinem Mund. Diese Sinne muss er in solch einer Situation besonders schärfen, um seine Umgebung einschätzen zu können.
    Das geht allerdings auch in der Nacht, die ja erfahrungsgemäß mit recht viel Dunkelheit aufwartet. Er geht nachts allein von einer Party nach Hause, durch einen Park, riecht den schweren Geruch von Flieder und plötzlich hört er ein Knacken ganz in seiner Nähe, dann ein Rascheln, schnelle Schritte. Er fühlt einen Schweißtropfen seinen Nacken hinunterrinnen ...

    Solche Sachen schreibe ich gerne :3 Es macht Spaß, mit den Sinnen zu spielen. Genauso, wie es mir langsam Spaß macht, wirkliches Show, don't tell zu betreiben Very Happy (Gibt's dazu schon einen Thread hier irgendwo?)
    Also nicht zu schreiben: »Er war nervös im Angesicht der Schläger, trotzdem siegte sein Stolz und er erwiderte: ›...!‹«
    Sondern: »Seine Finger nestelten an den Gürtelschlaufen seiner Jeans, er blickte zwischen den Männern umher, die sich um ihn herum aufgebaut hatten. Trotzig reckte er das Kinn: ›...!‹«
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    [Tipp] Sinneseindrücke Empty Re: [Tipp] Sinneseindrücke

    Beitrag von Gast Fr 22 Jul 2011, 08:50

    Ohh, erst jetzt gesehen.
    Hallo Verwunschen. Vielen Dank für dein Lob

    Pooly und Saki: Japs, Sinneseindrücke sind schon eine schöne Sache, so lange man sie nicht kreuz und quer benutzt. Habe ich meinen Merkspruch im "Artikel" stehen? Ich merke mir den Einsatz immer so: Die Geschichte soll sich nicht an den Sinnen richten, sondern die Sinne an die Geschichte.
    Show dont tell hat mit den Sinnen viel zu tun. Ich habe auch schon einen "Artikel" über Show dont tell geschrieben. Aber noch nicht reingestellt. Eigentlich schreibe ich in letzter Zeit recht viele Schreibtipps, aber die werde ich nicht alle einstellen. Die finden einen anderen Weg ins Forum. Ansonsten würde ich es nur "überschwemmen." Mein Artikel zu zeigen, nicht behaupten/beschreiben richtet sich jedoch an erfahrene Schreiber, da ich nicht die Grundlagen erkläre, sondern andere Möglichkeiten aufzeige.

    LG Schreibnerd und Danke für die netten Kommentare.

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