Nichts ist so konstant wie die Veränderung
Buch
Titel: Das Haus in den Wolken OT: Before the Storm Seiten: 587
Verlag: Piper Verlag ISBN: 978-3-492-05060-9 EUR: 19.90
Autor
Judith Lennox: geboren 1953 in Salisbury / England
Studierte Englisch an der University von Lancaster, verfasste bisher 14 Romane, verheiratet, 3 Kinder
Buchinhalt
Die zwanzigjährige Isabel Zeale und der fünfundzwanzigjährige Richard Finborough finden durch einen Wink des Schicksals trotz aller Klassenunterschiede zueinander.
Sie ist Hausangestellte mit fraglicher Zukunft und verwerflicher Vergangenheit aus Lynton, er ein gut gestellter Gutsbesitzer und selbständiger Geschäftsmann aus London.
Entgegen sämtlicher gesellschaftlicher Konventionen schließen sie nach einem Heiratsantrag, dem es nicht an Dramaturgie mangelte, den Bund der Ehe.
Diese Heirat ist gleichbedeutend mit einem Schnitt unter die Vergangenheit Isabels und kennzeichnet für sie einen Neustart an Richards Seite mit vielen Annehmlichkeiten des standesgemäßen Lebens.
Dennoch fehlen ihr die Erziehung, Gewöhnung und nicht zuletzt das Selbstbewusstsein, sich ungezwungen und unbeschwert in der Gesellschaft von Adel, Financiers und Unternehmern zu bewegen.
Isabel und Richard bekommen die Söhne Philip und Theodore Thomas, kurz Theo.
Sie verleben ein ganz normales Familienleben mit Lachen und Streiten, bis schließlich der erste Weltkrieg bevorsteht und Richard, zu Isabels Unverständnis, in den Dienst der Armee eintritt.
Kurz bevor Richard nach Frankreich abkommandiert wird, erblickt ihre Tochter Sara das Licht der Welt.
In den Kriegswirren erfährt Richard viel Leid und Grausamkeit. Anblicke, Geräusche und Gerüche nehmen ihn gefangen, zerstören sein Weltbild und lassen ihn an der Existenz Gottes zweifeln.
Inmitten der Gefechte wird er schwer verwundet und einzig der Gedanke an seine Familie gibt ihm Kraft weiterzuleben.
Als Retter in der Not erweist sich sein Kamerad Nicholas Chance.
Nachdem er dienstuntauglich aus dem Militär entlassen wurde, versucht er mit Arbeit, Alkohol und Frauen die Geister des Grauens und die Leere zu vertreiben und ins Leben zurückzufinden.
Wie es das Schicksal will, kann sich Richard für die Rettung seines Lebens durch Nicholas Chance erkenntlich zeigen, indem er nach dessen Verschwinden seine Tochter Ruby als Pflegetochter zu sich nimmt und ihre Mutter Etta im Sanatorium unterbringt und damit beiden das Dahinvegetieren in Armut erspart.
Die Jahre ziehen vorüber, die Kinder werden erwachsen und jeder Charakter sucht seinen eigenen Weg.
Richard Finborough strebt seit jeher nach Macht, Reichtum und Erfolg. Mit einem Gespür für aufstrebende Industriezweige, wie der Elektrobranche und dem Maschinenbau, ist es nicht verwunderlich, dass er in kürzester Zeit ein Firmenimperium aufbaut. Entgegen Richards Erwartungen kann sich der Nachwuchs jedoch kaum bzw. gar nicht für den Einstieg ins Familienunternehmen begeistern.
Ruby macht sich auf die Suche nach ihrem verschollenen Vater und entdeckt Erstaunliches. Sie fasst Fuß in der Schriftstellerei und es gelingt ihr, sich vollends von den Finboroughs unabhängig zu machen und für sich und ihre Mutter aus eigener Kraft aufzukommen.
Theo entwickelt sich zum Einzelgänger und zieht über Jahre ein Leben fernab der Familie vor. Sein Traum ist es, ein großer Künstler zu werden.
Saras Liebe zu Anton Wolff, einem Österreicher, findet vorerst ein unglückliches Ende, nicht zuletzt durch die kompromisslose Einmischung Richards. Sie sucht einen Neuanfang in Irland und lebt einige Zeit bei ihrer Großmutter auf Raheen, wo sie eine zukunftsträchtige Begegnung macht.
Selbst Philip, der erst wie geplant in die Fußstapfen des Vaters tritt und in dessen Firma Fuß fasst, kehrt Richard schließlich den Rücken und ehelicht zudem eine Frau, die auch in Richard Finboroughs Leben keine unbedeutende Rolle einnahm.
Während der Leser bereits in Kapitel 2 um Isabels Vergangenheit erfährt, holt Richard dieses Geheimnis erst viele Jahrzehnte später ein.
Es kommt zu einem Bruch zwischen den beiden und Isabel zieht sich nach Cornwall zurück.
Und schon befinden wir uns zusammen mit den Hauptfiguren des Romans inmitten der Wirren des zweiten Weltkriegs und die Geschehnisse nehmen ihren Lauf…
Im Anschluss an ‚Das Haus in den Wolken’ beschreibt Judith Lennox was ihr beim Schreiben ihrer Romane wichtig ist und nimmt dabei Bezug auf einige ihrer Werke.
Meine Meinung
Ein wunderschönes, ergreifendes Buch, das Liebes- und Schicksalsroman, Familiengeschichte und sogar eine kleine Prise Krimi miteinander vereint.
Judith Lennox lässt uns in ‚Das Haus in den Wolken’ teilhaben an guten wie auch schlechten Zeiten, Irrungen und Wirrungen, aber auch glücklichen Fügungen der Finboroughs und weiteren Personen ihres unmittelbaren Umgangs.
Ihre Erzählung reicht über rund 33 Jahre und ist dabei in vier Zeitspannen unterteilt: 1909-1928 (Die rote Königin), 1928-1936 (Die Pflegetochter), 1936-1940 (Bis morgen) und 1940-1942 (Der Fluss und die See).
Ein jeweils anderer Fokus und zahlreiche fließende Perspektivenwechsel bieten gelungene Abwechslung beim Lesen.
Während ich im Thriller- bzw. Krimi-Genre vorwiegend die Ich-Perspektive bevorzuge, ist es bei diesem Roman eindeutig von Vorteil, die Gefühle und Standpunkte aller Figuren nachempfinden zu können.
Stets um Korrektheit bemüht, verbindet Judith Lennox Entwicklungen von Menschen und Umgebungen mit den jeweiligen geschichtlichen Begebenheiten.
Sie vermittelt nur allzu deutlich wie gesellschaftliche Regeln zur damaligen Zeit die Selbstverwirklichung der Menschen, insbesondere der Frauen, bereits im Keim erstickte. Was nicht dem guten Ton entsprach, sollte strengstens unterbleiben, andernfalls wurde jeder, der nur irgendwie aus der Reihe fiel, konsequent mit Missachtung gestraft.
Doch auch der Standesdünkel unterliegt dem Wandel der Zeit.
Schon an Philip, Theo, Sara und Ruby ist erkennbar, wie sich Menschen und Einstellungen weiterentwickeln. Sie wählen schließlich ihre Lebenspartner unabhängig der Erwartungen von Gesellschaft und Eltern.
Die Autorin verfügt über ein unglaubliches Repertoire an Worten und Stilelementen, das den Leser schon nach wenigen Sätzen komplett in der Handlung versinken lässt.
Mit viel Feingefühl und Sorgfalt zeichnet Judith Lennox eindrucksvolle Charaktere, Atmosphäre und Umgebung. Ausgezeichnet durch menschliche Tiefe sind die verschiedenen Handlungsstränge absolut glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt.
Man fühlt mit, man fiebert mit, man leidet und man freut sich mit den Protagonisten.
Auch wenn ich in der Regel kein Freund von allzu sehr konstruierten oder übertriebenen Happy-Ends bin und daher weitestgehend neutrale, traurige oder komplizierte Enden bevorzuge, ist es doch in diesem Fall schön zu lesen, dass sich die Charaktere, jeder auf seine Weise, Gedanken um sich und die anderen macht und schließlich und endlich das Wesentliche und Wichtige im Leben nicht aus den Augen verliert. So kommt es, dass die Protagonisten Kompromisse eingehen und erfreulicherweise fähig sind, in einer schwierigen Zeit wieder zueinander zu finden.
Fazit
Meinem Eindruck nach der Leseprobe wurde ‚Das Haus in den Wolken’ nicht nur gerecht, sondern konnte diesen sogar noch um den fehlenden Wertungsstern verbessern.
Judith Lennox war mir, trotz ihrer zahlreichen Werke, bisher nur als Autorenname ein Begriff. Nach ‚Das Haus in den Wolken’ freue ich mich bereits auf das nächste Buch, das ich von ihr zur Hand nehmen werde!
Von mir erhält die Autorin volle Punktzahl für ihr fulminantes Werk.
Buch
Titel: Das Haus in den Wolken OT: Before the Storm Seiten: 587
Verlag: Piper Verlag ISBN: 978-3-492-05060-9 EUR: 19.90
Autor
Judith Lennox: geboren 1953 in Salisbury / England
Studierte Englisch an der University von Lancaster, verfasste bisher 14 Romane, verheiratet, 3 Kinder
Buchinhalt
Die zwanzigjährige Isabel Zeale und der fünfundzwanzigjährige Richard Finborough finden durch einen Wink des Schicksals trotz aller Klassenunterschiede zueinander.
Sie ist Hausangestellte mit fraglicher Zukunft und verwerflicher Vergangenheit aus Lynton, er ein gut gestellter Gutsbesitzer und selbständiger Geschäftsmann aus London.
Entgegen sämtlicher gesellschaftlicher Konventionen schließen sie nach einem Heiratsantrag, dem es nicht an Dramaturgie mangelte, den Bund der Ehe.
Diese Heirat ist gleichbedeutend mit einem Schnitt unter die Vergangenheit Isabels und kennzeichnet für sie einen Neustart an Richards Seite mit vielen Annehmlichkeiten des standesgemäßen Lebens.
Dennoch fehlen ihr die Erziehung, Gewöhnung und nicht zuletzt das Selbstbewusstsein, sich ungezwungen und unbeschwert in der Gesellschaft von Adel, Financiers und Unternehmern zu bewegen.
Isabel und Richard bekommen die Söhne Philip und Theodore Thomas, kurz Theo.
Sie verleben ein ganz normales Familienleben mit Lachen und Streiten, bis schließlich der erste Weltkrieg bevorsteht und Richard, zu Isabels Unverständnis, in den Dienst der Armee eintritt.
Kurz bevor Richard nach Frankreich abkommandiert wird, erblickt ihre Tochter Sara das Licht der Welt.
In den Kriegswirren erfährt Richard viel Leid und Grausamkeit. Anblicke, Geräusche und Gerüche nehmen ihn gefangen, zerstören sein Weltbild und lassen ihn an der Existenz Gottes zweifeln.
Inmitten der Gefechte wird er schwer verwundet und einzig der Gedanke an seine Familie gibt ihm Kraft weiterzuleben.
Als Retter in der Not erweist sich sein Kamerad Nicholas Chance.
Nachdem er dienstuntauglich aus dem Militär entlassen wurde, versucht er mit Arbeit, Alkohol und Frauen die Geister des Grauens und die Leere zu vertreiben und ins Leben zurückzufinden.
Wie es das Schicksal will, kann sich Richard für die Rettung seines Lebens durch Nicholas Chance erkenntlich zeigen, indem er nach dessen Verschwinden seine Tochter Ruby als Pflegetochter zu sich nimmt und ihre Mutter Etta im Sanatorium unterbringt und damit beiden das Dahinvegetieren in Armut erspart.
Die Jahre ziehen vorüber, die Kinder werden erwachsen und jeder Charakter sucht seinen eigenen Weg.
Richard Finborough strebt seit jeher nach Macht, Reichtum und Erfolg. Mit einem Gespür für aufstrebende Industriezweige, wie der Elektrobranche und dem Maschinenbau, ist es nicht verwunderlich, dass er in kürzester Zeit ein Firmenimperium aufbaut. Entgegen Richards Erwartungen kann sich der Nachwuchs jedoch kaum bzw. gar nicht für den Einstieg ins Familienunternehmen begeistern.
Ruby macht sich auf die Suche nach ihrem verschollenen Vater und entdeckt Erstaunliches. Sie fasst Fuß in der Schriftstellerei und es gelingt ihr, sich vollends von den Finboroughs unabhängig zu machen und für sich und ihre Mutter aus eigener Kraft aufzukommen.
Theo entwickelt sich zum Einzelgänger und zieht über Jahre ein Leben fernab der Familie vor. Sein Traum ist es, ein großer Künstler zu werden.
Saras Liebe zu Anton Wolff, einem Österreicher, findet vorerst ein unglückliches Ende, nicht zuletzt durch die kompromisslose Einmischung Richards. Sie sucht einen Neuanfang in Irland und lebt einige Zeit bei ihrer Großmutter auf Raheen, wo sie eine zukunftsträchtige Begegnung macht.
Selbst Philip, der erst wie geplant in die Fußstapfen des Vaters tritt und in dessen Firma Fuß fasst, kehrt Richard schließlich den Rücken und ehelicht zudem eine Frau, die auch in Richard Finboroughs Leben keine unbedeutende Rolle einnahm.
Während der Leser bereits in Kapitel 2 um Isabels Vergangenheit erfährt, holt Richard dieses Geheimnis erst viele Jahrzehnte später ein.
Es kommt zu einem Bruch zwischen den beiden und Isabel zieht sich nach Cornwall zurück.
Und schon befinden wir uns zusammen mit den Hauptfiguren des Romans inmitten der Wirren des zweiten Weltkriegs und die Geschehnisse nehmen ihren Lauf…
Im Anschluss an ‚Das Haus in den Wolken’ beschreibt Judith Lennox was ihr beim Schreiben ihrer Romane wichtig ist und nimmt dabei Bezug auf einige ihrer Werke.
Meine Meinung
Ein wunderschönes, ergreifendes Buch, das Liebes- und Schicksalsroman, Familiengeschichte und sogar eine kleine Prise Krimi miteinander vereint.
Judith Lennox lässt uns in ‚Das Haus in den Wolken’ teilhaben an guten wie auch schlechten Zeiten, Irrungen und Wirrungen, aber auch glücklichen Fügungen der Finboroughs und weiteren Personen ihres unmittelbaren Umgangs.
Ihre Erzählung reicht über rund 33 Jahre und ist dabei in vier Zeitspannen unterteilt: 1909-1928 (Die rote Königin), 1928-1936 (Die Pflegetochter), 1936-1940 (Bis morgen) und 1940-1942 (Der Fluss und die See).
Ein jeweils anderer Fokus und zahlreiche fließende Perspektivenwechsel bieten gelungene Abwechslung beim Lesen.
Während ich im Thriller- bzw. Krimi-Genre vorwiegend die Ich-Perspektive bevorzuge, ist es bei diesem Roman eindeutig von Vorteil, die Gefühle und Standpunkte aller Figuren nachempfinden zu können.
Stets um Korrektheit bemüht, verbindet Judith Lennox Entwicklungen von Menschen und Umgebungen mit den jeweiligen geschichtlichen Begebenheiten.
Sie vermittelt nur allzu deutlich wie gesellschaftliche Regeln zur damaligen Zeit die Selbstverwirklichung der Menschen, insbesondere der Frauen, bereits im Keim erstickte. Was nicht dem guten Ton entsprach, sollte strengstens unterbleiben, andernfalls wurde jeder, der nur irgendwie aus der Reihe fiel, konsequent mit Missachtung gestraft.
Doch auch der Standesdünkel unterliegt dem Wandel der Zeit.
Schon an Philip, Theo, Sara und Ruby ist erkennbar, wie sich Menschen und Einstellungen weiterentwickeln. Sie wählen schließlich ihre Lebenspartner unabhängig der Erwartungen von Gesellschaft und Eltern.
Die Autorin verfügt über ein unglaubliches Repertoire an Worten und Stilelementen, das den Leser schon nach wenigen Sätzen komplett in der Handlung versinken lässt.
Mit viel Feingefühl und Sorgfalt zeichnet Judith Lennox eindrucksvolle Charaktere, Atmosphäre und Umgebung. Ausgezeichnet durch menschliche Tiefe sind die verschiedenen Handlungsstränge absolut glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt.
Man fühlt mit, man fiebert mit, man leidet und man freut sich mit den Protagonisten.
Auch wenn ich in der Regel kein Freund von allzu sehr konstruierten oder übertriebenen Happy-Ends bin und daher weitestgehend neutrale, traurige oder komplizierte Enden bevorzuge, ist es doch in diesem Fall schön zu lesen, dass sich die Charaktere, jeder auf seine Weise, Gedanken um sich und die anderen macht und schließlich und endlich das Wesentliche und Wichtige im Leben nicht aus den Augen verliert. So kommt es, dass die Protagonisten Kompromisse eingehen und erfreulicherweise fähig sind, in einer schwierigen Zeit wieder zueinander zu finden.
Fazit
Meinem Eindruck nach der Leseprobe wurde ‚Das Haus in den Wolken’ nicht nur gerecht, sondern konnte diesen sogar noch um den fehlenden Wertungsstern verbessern.
Judith Lennox war mir, trotz ihrer zahlreichen Werke, bisher nur als Autorenname ein Begriff. Nach ‚Das Haus in den Wolken’ freue ich mich bereits auf das nächste Buch, das ich von ihr zur Hand nehmen werde!
Von mir erhält die Autorin volle Punktzahl für ihr fulminantes Werk.