{PROSABATTLE}
TIKALI VS. CAPITAINE_SOLITAIRE
TIKALI VS. CAPITAINE_SOLITAIRE
Hallo liebe User! Heute ist ein kleiner, großer Tag, denn es gibt nicht nur das erste Battle zwischen Ina und Mia zu lesen, sondern auch das erste Battle innerhalb unserer neuen Battle-Bereiche. Ich freue mich, dass die beiden Kontrahenten so rasch fertig geworden sind und wir nun ihre Werke lesen können. Hier die Vorgabe, die die beiden sich gesetzt hatten.
Textart: Gedankensplitter
Thema: Schweigen
Ihr habt nun zwei Wochen Zeit, um zwischen den beiden Texten abzustimmen. Natürlich sind Kommentare dazu auch mehr als erwünscht. Abstimmungsende ist am Abend des 28. Mai.
Mein Nilpferd und ich
Es ist wie Säure, die sich durch mein Herz und Hirn frisst und große Löcher mit schwelenden Rändern in beiden hinterlässt.
Es lässt mich nicht eine Minute lang ruhig atmen.
Es treibt mein Gedankenkarussell an, so schnell, dass sie sich beinahe überschlagen, das Pferd, das Feuerwehrauto, das überdimensionale Seepferdchen.
Und ich zähle die Muttermale auf meinen Unterarmen und ich zähle die Fusseln auf meinem Kissen und dabei sitzt ein Nilpferd auf meinem Brustkorb und drückt mir die Luft, nach der ich so verzweifelt ringe, aus meinen Lungen.
Dein Schweigen bricht mein Herz und bereitet mir Übelkeit. Dein Schweigen verursacht körperliche Schmerzen.
Wenn du mich sehen könntest, du würdest lachen. Zuerst.
Dann wärst du schockiert über die Macht, die du über mich hast.
Dann wärst du entsetzt über meine Hysterie.
Dann würdest du vielleicht gehen.
Dein Schweigen ist leichter zu ertragen, als der Gedanke, deinem Rücken dabei zuzusehen, wie er Meter um Meter aus meinem Leben verschwindet.
Also schweige ich auch.
Es ist vier Uhr. Du schweigst noch immer.
Ich zähle die Muttermale zum zweiten Mal. Ich komme auf eine andere Zahl, möglicherweise habe ich mich vorhin verzählt.
Vielleicht habe ich mich auch gerade verzählt.
Ein drittes Mal ist vielleicht nicht verkehrt.
Es ist fünf Minuten nach vier.
Mein Handy hat nicht vibriert. Ich sehe trotzdem nach.
Das Nilpferd dreht sich auf meinem Brustkorb in eine bequemere Position.
Ich frage mich, warum es da ist.
Was ist in mir, das es nicht lächerliche vierundzwanzig Stunden ohne ein Lebenszeichen von dir aushält?
Ist das noch Liebe? Ist es möglicherweise Wahn?
Mein Kopf schüttelt sich wie von selbst über mich. Ich gehe in den Biergarten meiner Stammkneipe.
Die Melonenlimonade schmeckt fad. Mein Lachen klingt unehrlich.
Es ist fünf Uhr. Dein Schweigen macht mich wahnsinnig in jedem möglichen Wortsinn.
Wut, Trotz, Angst, alles wechselt sich ab, schneller als das Feuerwehrauto und das Seepferdchen meines Gedankenkarussells.
Wir gehen wieder nach hause, das Nilpferd und ich, wir kriechen auf mein Bett und suchen Trost in der Fötalstellung zwischen den Kissen.
Es frisst sich wie Säure durch mein Herz und meinen Bauch und lässt in Kombination mit der Melonenlimonade ein fahles Gefühl in der Magengegend zurück.
Ich versuche zu weinen. Ich bin nicht verletzt genug. Ich versuche wütend zu werden. Ich liebe dich zu sehr.
Es ist halb sieben.
Ich gebe auf.
Ich zögere noch einen Moment, bevor ich versuche, dein Schweigen mit Gewalt zu brechen.
Meine Finger greifen nach dem Handy.
Es vibriert. Dein Name leuchtet auf dem Display auf.
Das Nilpferd ist verschwunden.
Dein Schweigen
Ich hätte mit dir eine schöne Zeit verbracht, ich wäre auf Wolken geschwebt als der glücklichste Mensch auf Erden,- wäre da nicht dein Schweigen gewesen, welches den Himmel verdunkelte. Dabei warst du nicht still- im Gegenteil. Du hast damals viel geredet und doch sagest du nichts. Dein Mund formte leere Worthülsen, welche vage in meine Ohren drangen. Du erzähltest von Kinofilmen, hast das Wetter kommentiert und fragest, wie es mir ginge, meintest, dass alles gut sei.
Doch deine Augen sprachen in flüchtigen Augenblicken zu mir, wisperten wie ein leiser Windhauch von einem Sturm in dir. Sie malten Aussagen, die ich nicht deuten konnte, verschwommen wie ein Bild aus Straßenkreide, welches ein leichter Sommerregen verwischt.
Wenn ich dich direkt fragte, was los sei, riefen sie nach Hilfe, schrien und flehten mich an, doch dein Mund schwieg, wurde zu einer Mauer aus Beton. „Alles ist gut.“
Ich rannte gegen diese Worte, deine verschlossene Tür, immer und immer wieder, schlug mit meinen Fäusten dagegen- wollte dich schütteln, die Silben aus dir herauspressen, dich fest in meinen Armen halten, bis ich hinter deinen Panzer schauen könnte und bis du wirklich etwas sagen würdest!
Doch das tatest du nie, du hast dich eingeigelt und mich ausgesperrt.
Irgendwann hörte ich auf, an deine Tür zu klopfen, denn es tat mir weh. An deiner Fassade klebte mein Blut und mit der Zeit war ich zu erschöpft, um mich gegen sie zu stemmen, um gegen dein Schweigen zu kämpfen.
Und jetzt? Heute kann ich dich nicht mehr schütteln, ich kann nicht gegen deine Mauern schlagen, denn du verschwandst lautlos im Leben, hast dich aufgelöst. Wie Spuren im Sand wurdest du fortgespült von der Zeit, weil du mich losgelassen hast- eingerollt zu einer harten, schweigsamen Kugel.
Du fehlst mir. Fragen drängen sich in meinem Kopf. Was waren diese Worte, die dich ängstigten, die dich innerlich zerfraßen, weil du sie in dir einsperrtest? Weshalb hast du sie nie ausgesprochen, all die Dinge, die dich zerstörten? Und wer bist du gewesen, wer bist du heute? Alles, was ich habe, sind all die Worte, die du niemals sagtest. Du selbst bist fort.
Ich wünschte, du hättest dein Schweigen ebenfalls mitgenommen. Doch deine nicht gesagten Worte bleiben bei mir und wenn ich innehalte, toben sie in meinem Kopf. Denn in meinen Gedanken ist dein Schweigen noch immer unglaublich laut.
Ich frage mich, ob dein Hilferuf noch in deinen Augen flackert oder ob er erloschen ist- erstickt von deiner selbstgewählten Einsamkeit.
Zuletzt von Pooly am Di 11 Jun 2013, 13:39 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet