Informationen
Taschenbuch | 384 Seiten
Erschienen 2003
im Fischer-Verlag
ISBN: 978-3-596-15628-3
Preis: 9,95 €
Inhalt
Meinung
Jonathan Safran Foer ist ein Autor, dessen Bücher einem überall begegnen. In vielen Buchläden liegen sie, selbst Jahre nach dem Erscheinen, noch immer aus und von Kinoplakaten blitzt einen das „nach dem Roman von...“ an. Dementsprechend war es keine Frage, dass ich irgendwann mal nach einem Buch von ihm greifen würde. „Alles ist erleuchtet“ hatten wir praktischerweise zu Hause und so widmete ich mich meinem ersten Foer.Das Buch ist sehr verschachtelt aufgebaut. Auf der einen Seite liest man aus Alex‘ Sicht, einem Ukrainer, der nicht ganz perfektes Englisch beherrscht und dementsprechend schreibt. Seine Familie wird zunächst beschrieben, sowie sein Leben. Als Leser wird man an der Stelle ziemlich ins kalte Wasser geworfen, denn man weiß kaum, in welchem Zusammenhang diese Geschichte zu der, die auf dem Klappentext beschrieben wird, steht. Nach diesem Abschnitt wird es aber noch verwirrender, denn plötzlich findet man sich Ende des 18. Jahrhunderts in einem Schtetl wieder, in dem gerade ein seltsamer Unfall passiert ist. Der Verwirrung wird die Krone aufgesetzt, indem man einen Brief zu lesen bekommt – von Alex, allerdings nach Jonathan Safran Foers Aufenthalt in der Ukraine.
Ja, ihr lest richtig, der Autor ist in diesem Buch eine Figur, jedoch liest man nur sehr wenig aus seiner Perspektive. Die meisten Teile werden von Alex beschrieben. Anfangs empfand ich das als sehr gewöhnungsbedürftig, doch schlussendlich thematisiert „Alles ist erleuchtet“ die Geschichte von Foers Großvater und seine Suche danach, sodass ich diesen Kniff nicht weiter störend fand. Auch wenn er durchweg als „der Held“ betitelt wird, merkt man als Leser, dass sich Foer hier nicht als Idealfigur dargestellt hat sondern auch kritisch und mit einer großen Portion Humor mit sich umgeht.
Einige Dinge mögen einem anfangs übertrieben vorkommen, doch in diesem Buch muss man nicht alles ernst nehmen. Humorvoll sei die einzige wahrheitliche Art, eine traurige Geschichte zu erzählen, heißt es einmal in diesem Buch. Es lässt sich darüber streiten, ob das nun stimmt oder nicht – doch effektvoll ist es auf jeden Fall. „Alles ist erleuchtet“ ist zu weiten Strecken auf diese Art geschrieben. Mit viel Sprachwitz, Humor und Mut zu Seltsamem hat Foer die Geschichte konstruiert. Hinter vielen Begebenheiten oder Worten versteckt sich ein tieferer Sinn, über den man als Leser gerne nachdenkt. Auf den 380 Seiten dieses Buchs wird man zu Trauer und Freude bewegt, zum Grübeln und Lachen gebracht. Dabei deckt der Roman so viele verschiedene Thematiken ab: Das Heranwachsen in einer unperfekten Welt, Liebe, Akzeptanz, Verarbeitung, Verdrängung, Toleranz, ... Die Geschichte nistet sich unwiderruflich in den Gedanken ein, weil sie mit dem Zuklappen des Buchs noch nicht zu Ende ist.
Auf den ersten Seiten herrschte bei mir noch viel Verwirrung, aber irgendwann verband sich dann Alles zu einem einheitlichen Ganzen. Die Wahl, das Buch auf verschiedenen Ebenen aufzubauen, gefiel mir dann auch sehr gut, denn so wirkt es echter, als wären diese Begebenheiten tatsächlich geschehen. Beeindruckend ist auch, dass Foer die verschiedenen Teile glaubwürdig macht, in dem die Stile sich unterscheiden. Bei den Berichten aus der Vergangenheit ist der Stil sehr überlegt, bildhaft und mit zumeist schönen Worten und komplexen Gedankengängen. In den Abschnitten aus Alex‘ Sicht muss sich der Leser jedoch mit Grammatik- und Ausdrucksfehlern abfinden, doch auch diese Teile können sehr nachdenklich sein. In seinem Stil hält Foer den Charakter eines jeden Erzählers fest.
Ein negativer Aspekt dieser Verschachtelung sind jedoch eindeutig die Briefe – denn da setzt sich Alex mit Foers Romanteilen auseinander. Ich hätte das lieber ganz auf meine Art und Weise interpretiert, ohne Gedankenstützen des Autors – denn so hatte ich das Gefühl, er würde den Leser auf eine Art bevormunden und ihn in eine bestimmte Richtung lenken wollen. Glücklicherweise passierte das jedoch nur stellenweise, sodass ich die restlichen Teile des Romans genießen konnte.
Fazit
„Alles ist erleuchtet“ verbindet viele Thematiken, sowie Aufarbeitung des Holocausts in einem Wirbelwind von Roman. Auch wenn die Geschichte mit sehr viel Witz glänzen kann, sollte man sich davon nicht fehlleiten lassen – denn ein einfacher Roman ist „Alles ist erleuchtet“ keinesfalls. Er regt zum Nachdenken an und ist deshalb eher an Leser zu empfehlen, die aus Büchern etwas mitnehmen möchten und sich dabei auf skurrile Inhalte und Erzählweisen einlassen können.von 5 Sternen