MARITA
Nachdem sich endlich jemand gefunden hatte, der gegen sie antreten wollte, hat sie nun doch gewonnen und sich ihre Sternchen verdient. Unsere Marita
Herzlichen Glückwunsch!
Nun bekommst du die Sternchen und deinen Wunschtitel, nachdem Virgi ihren so lange verteidigt hatte!
Such dir einen aus, bitte
Und nun darfst du jemanden herausfordern
Hier noch einmal die Gewinnergeschichte:
Schüler des Galilei
„Du solltest schlafen gehen, Vincenzo!“
Die bekannte Stimme ließ mich herumfahren. Ich war so vertieft in meine Aufzeichnungen gewesen, dass ich Meister Galilei gar nicht hatte kommen höre.
„Meister...“
Überrascht blickte ich zur Tür. Der alte Mann, der dort stand war im Grunde nur noch ein Schatten seiner selbst: blind, gebeugt, auf einen Stock gestützt. Ich musterte ihn nachdenklich. Trotz allem fand er seinen Weg zum Fenster, öffnete es mit einigen tastenden Handgriffen und atmete die laue Abendluft ein.
„Es ist eine schöne Nacht, Vincenzo. Die Luft riecht nach frischem Gras. Beschreibe mir die Sterne...“
Ich wunderte mich schon nicht mehr über seine seltsamen Wünsche. Er lebte praktisch in den Sternen, kannte sie, wusste um ihre Eigenarten und ihre Bahnen.
Langsam senkte ich die Feder und steckte sie in die Halterung neben dem Tintenfass. Einen letzten bedauernden Blick warf ich meinen Aufzeichnungen zu, meiner säuberlichen Schrift auf dem Pergament, ehe ich aufstand und mich leise neben meinen Lehrer und Mentor ans Fenster setzte.
„Ihr habt Recht, Meister. Die Sterne leuchten sehr hell heute und man kann sie herrlich beobachten. Der Mond ist nicht zu hell, gerade so, wie Ihr es immer für eure Studien wünscht...“
„Vincenzo! Du sollst mir die Sterne beschreiben! Lass den Wissenschaftler in dir mal schlafen! Der braucht es, so wie du dir die Nächte um die Ohren schlägst!“
Ich blickte ihn an, lauschte seinem dunklen, kehligen Lachen. War das wirklich der Mann, dessen Gehilfe er vor einem Jahr geworden war? Dieser schwache, bärtige, alte Mensch, aus dessen Augen doch noch immer der Trotz sprach. Ich erinnerte mich nur noch allzu gut daran, wie der Meister mich in sein Haus aufgenommen hatte. Für mich war es eine Ehre gewesen, es spielte keine Rolle ob meine Eltern mich dabei unterstützten oder nicht.
Es war mein Traum, bei Meister Galileo zu lernen.
Ich blickte in den Sternenhimmel empor. Hier auf dem Landgut konnte man sie wunderbar studieren.
„Die Nacht ist klar, die Sterne... leuchten. Es ist eine wundervolle Nacht, nicht so schwarz wie sonst oft, sondern hell, vom Licht der Sterne. Der Mond... er strahlt richtig, aber nicht allzu hell. Er ist etwas mehr als eine schmale Sichel.“
Galileo seufzte zufrieden und schloss die Augen.
Ein leichter Windhauch wehte zum Fenster herein und blies dem Meister und mir ins Gesicht. Er war kühl, aber doch sehr angenehm.
„Das hast du schön beschrieben, Vincenzo. Manchmal braucht der Wissenschaftler in uns eine Pause, wir dürfen das Träumen nicht vergessen, nicht das Staunen, nicht das Hoffen. Du kannst mir glauben, es hilft nichts, wenn du im... im Gefängnis bist und du kennst die Mondphasen. Du musst einfach hoffen können. Hoffen und den Traum deiner Zukunft nie aus den Augen verlieren.“
Seine Stimme wurde brüchig und ich blickte beunruhigt zu ihm hinüber. Es war selten, dass Meister Galileo das Gefängnis erwähnte.
Ich dachte kurz über seine Worte nach, ohne das beklommene Schweigen zu brechen. In Gedanken versunken schaute ich in das alte Gesicht meines Lehrmeisters. Es hatte etwas Weises, Erfahrenes, das mir seit jeher das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit gegeben hatte.
Falten wölbten sich auf der hohen Stirn, und es waren ganz bestimmt nicht lediglich Lachfältchen. Manchmal fragte ich mich, ob ich diesen außergewöhnlichen Menschen überhaupt kannte. Immer wieder überraschte er mich, immer wieder begeisterte er mich. Nein, einen besseren Lehrer konnte man sich wirklich nicht wünschen.
Als könne er meine Gedanken lesen, begann Meister Galileo leise zu erzählen:
„Es ist lange her, dass du zu mir gekommen bist, Vincenzo. Zunächst dachte ich, was ich mit dir nur machen sollte, du warst ein Kind, bist es im Grunde deines Herzens vielleicht immer noch. Aber du bist gewachsen und ich habe verstanden, warum du überhaupt hierher wolltest, zu einem alten, dummen Mann wie mir.“
Ich wollte aufstehen und abwehren, was er gesagt hatte. Er war alles andere als dumm. Er war genial, weise... es gab unendlich viele Wörter, die auf ihn passten, nur „dumm“ gehörte nicht dazu.
Aber Meister Galileo hob die Hand. Hatte er nicht gesagt, er könne nichts sehen? Hatte er meine Reaktion vielleicht erahnt, ehe ich selber überhaupt daran gedacht hatte?
„Ich bin dumm, Vincenzo, unendlich dumm. Wir alle sind dumm. Ich kann versuchen, das dort draußen zu erforschen, zu erkennen... Aber verstehen, nein, das werde ich es wohl nie. Das sind die Sterne, Vincenzo! Wie können wir uns erdreisten, sie überhaupt verstehen zu wollen?“
Er atmete die Nachtluft ein. Seine Augen waren geschlossen, als wolle er den Abend nur auf seine ganz besondere Art und Weise genießen. Ein zufriedenes Brummen war zu hören, fast wie das Schnurren einer Katze.
„Wozu erforschen wir die Sterne dann? Wenn wir sie doch nicht verstehen können, hat es doch gar keinen Sinn“, murmelte ich.
Galileo Galilei grinste.
„Das habe ich mich auch schon oft gefragt, mein Junge. Zu oft, vielleicht. Die Antwort auf diese Frage muss jeder selber finden. Ich werde dir nicht sagen, wie meine Antwort lautet. Ganz bestimmt wirst auch du eine finden!“
Sein wohlwollender Ausdruck im Gesicht entlockte auch mir ein Lächeln. Wieder wanderte mein Blick hinauf in den Nachthimmel. Würde ich sie jemals dort oben finden? Meine Antwort? Es gab noch so viele Fragen...
„Meister Galileo, darf ich Euch etwas fragen?“
Er wandte den Kopf in meine Richtung.
„Natürlich. Dazu bin ich ja dein Lehrer.“
Ich räusperte mich verlegen. Es war nicht meine Art, Menschen in Verlegenheit zu bringen. Und genauso wenig wollte ich Meister Galileo bloßstellen.
„Na ja...“
Ich zögerte.
„Frag schon, Vincenzo! Wie oft werden wir noch hier beisammen sein und die Sterne beobachten?“
Er hatte Recht. Wenn ich etwas von ihm wissen wollte, musste ich ihn schon danach fragen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte.
„Warum habt Ihr damals widerrufen? Euer Weltbild, alles, was Ihr mich stets gelehrt habt? Warum habt Ihr es aufgegeben?“
Die Frage war berechtigt und das wusste er wahrscheinlich genauso gut wie ich. Oft schon hatte ich sie mir gestellt. In dem Augenblick, als ich von der Widerrufung dieses großen Wissenschaftlers gehört hatte, hatte sein Bild einen Kratzer bekommen. Obwohl ich ihm das nie gewünscht hatte, wäre ich davon ausgegangen, dass er für seine Lehre einstand, die Konsequenzen auf sich nahm und sie bis auf den Tod verteidigte. Doch er hatte das nicht getan, er hatte nicht lange Widerstand geleistet.
„Vincenzo, stell dir vor, du entwickelst eine Theorie. Du kannst sie beweisen, du bist dir deiner Sache sicher. Todsicher.“
Seine Stimme klang fremd für mich. Sie war, als wäre er in Gedanken weit fort. Ich fragte mich, was ihm durch den Kopf ging.
„Dann kommen Menschen auf dich zu und glauben, sie könnten dir alles ausreden, von dem du so überzeugt bist. Hätte es Sinn, sie von deiner These zu überzeugen? Nein, sie wollen sie dir nämlich nicht glauben. Ihr Ziel ist nicht die Wahrheit.“
Langsam verstand ich, was er meinte. Er machte diesen Menschen die Freude und erklärte ihnen und der ganzen Welt, dass alles, was er gesagt hatte, falsch war. Ich nickte als Zeichen, dass ich nachvollziehen konnte, was er meinte.
„Wem hätte es geholfen, wäre ich jetzt tot, im Gefängnis oder wo auch immer? So aber kann ich weiterforschen, meine Theorien weiterentwickeln, bis die Welt irgendwann bereit für sie ist.“
Er hatte Recht. Vollkommen.
„Ich verstehe“, murmelte ich mehr zu mir selbst als zu ihm.
Gemächlich stand er auf.
„Das ist schön, Vincenzo! Ich werde langsam schlafen gehen. Bleibe nicht zu lange wach, morgen ist auch noch ein Tag...“
Ich lächelte. Das sagte er jeden Abend, wenn ich über meine Notizen gebeugt im Arbeitszimmer saß und nachdachte.
„Geht in Ordnung. Gute Nacht, Meister Galileo!“
Er verschwand im Türrahmen und ließ mich zurück. Fragen tauchten in mir auf, Fragen, über die ich noch nie nachgedacht hatte. Wie weit war ich bereit zu gehen? Für meine Thesen und für die meines Lehrmeisters? Wie lange würde es dauern, bis die Irrtümer nicht mehr zu leugnen waren? Und wie lange konnte ich noch in Ruhe hier sitzen und mir den Kopf über solche verbotenen Theorien zerbrechen?
Ich trat wieder ans Fenster. Dort oben standen die Sterne und leuchteten tröstend auf mich herab. Mein Traum tauchte plötzlich wieder vor mir auf: der Traum vom Wissenschaftler, der Traum davon, an einer Universität zu unterrichten. Der Traum davon, die Sterne zu verstehen.
Nachdem sich endlich jemand gefunden hatte, der gegen sie antreten wollte, hat sie nun doch gewonnen und sich ihre Sternchen verdient. Unsere Marita
Herzlichen Glückwunsch!
Nun bekommst du die Sternchen und deinen Wunschtitel, nachdem Virgi ihren so lange verteidigt hatte!
Such dir einen aus, bitte
Und nun darfst du jemanden herausfordern
Hier noch einmal die Gewinnergeschichte:
Schüler des Galilei
„Du solltest schlafen gehen, Vincenzo!“
Die bekannte Stimme ließ mich herumfahren. Ich war so vertieft in meine Aufzeichnungen gewesen, dass ich Meister Galilei gar nicht hatte kommen höre.
„Meister...“
Überrascht blickte ich zur Tür. Der alte Mann, der dort stand war im Grunde nur noch ein Schatten seiner selbst: blind, gebeugt, auf einen Stock gestützt. Ich musterte ihn nachdenklich. Trotz allem fand er seinen Weg zum Fenster, öffnete es mit einigen tastenden Handgriffen und atmete die laue Abendluft ein.
„Es ist eine schöne Nacht, Vincenzo. Die Luft riecht nach frischem Gras. Beschreibe mir die Sterne...“
Ich wunderte mich schon nicht mehr über seine seltsamen Wünsche. Er lebte praktisch in den Sternen, kannte sie, wusste um ihre Eigenarten und ihre Bahnen.
Langsam senkte ich die Feder und steckte sie in die Halterung neben dem Tintenfass. Einen letzten bedauernden Blick warf ich meinen Aufzeichnungen zu, meiner säuberlichen Schrift auf dem Pergament, ehe ich aufstand und mich leise neben meinen Lehrer und Mentor ans Fenster setzte.
„Ihr habt Recht, Meister. Die Sterne leuchten sehr hell heute und man kann sie herrlich beobachten. Der Mond ist nicht zu hell, gerade so, wie Ihr es immer für eure Studien wünscht...“
„Vincenzo! Du sollst mir die Sterne beschreiben! Lass den Wissenschaftler in dir mal schlafen! Der braucht es, so wie du dir die Nächte um die Ohren schlägst!“
Ich blickte ihn an, lauschte seinem dunklen, kehligen Lachen. War das wirklich der Mann, dessen Gehilfe er vor einem Jahr geworden war? Dieser schwache, bärtige, alte Mensch, aus dessen Augen doch noch immer der Trotz sprach. Ich erinnerte mich nur noch allzu gut daran, wie der Meister mich in sein Haus aufgenommen hatte. Für mich war es eine Ehre gewesen, es spielte keine Rolle ob meine Eltern mich dabei unterstützten oder nicht.
Es war mein Traum, bei Meister Galileo zu lernen.
Ich blickte in den Sternenhimmel empor. Hier auf dem Landgut konnte man sie wunderbar studieren.
„Die Nacht ist klar, die Sterne... leuchten. Es ist eine wundervolle Nacht, nicht so schwarz wie sonst oft, sondern hell, vom Licht der Sterne. Der Mond... er strahlt richtig, aber nicht allzu hell. Er ist etwas mehr als eine schmale Sichel.“
Galileo seufzte zufrieden und schloss die Augen.
Ein leichter Windhauch wehte zum Fenster herein und blies dem Meister und mir ins Gesicht. Er war kühl, aber doch sehr angenehm.
„Das hast du schön beschrieben, Vincenzo. Manchmal braucht der Wissenschaftler in uns eine Pause, wir dürfen das Träumen nicht vergessen, nicht das Staunen, nicht das Hoffen. Du kannst mir glauben, es hilft nichts, wenn du im... im Gefängnis bist und du kennst die Mondphasen. Du musst einfach hoffen können. Hoffen und den Traum deiner Zukunft nie aus den Augen verlieren.“
Seine Stimme wurde brüchig und ich blickte beunruhigt zu ihm hinüber. Es war selten, dass Meister Galileo das Gefängnis erwähnte.
Ich dachte kurz über seine Worte nach, ohne das beklommene Schweigen zu brechen. In Gedanken versunken schaute ich in das alte Gesicht meines Lehrmeisters. Es hatte etwas Weises, Erfahrenes, das mir seit jeher das Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit gegeben hatte.
Falten wölbten sich auf der hohen Stirn, und es waren ganz bestimmt nicht lediglich Lachfältchen. Manchmal fragte ich mich, ob ich diesen außergewöhnlichen Menschen überhaupt kannte. Immer wieder überraschte er mich, immer wieder begeisterte er mich. Nein, einen besseren Lehrer konnte man sich wirklich nicht wünschen.
Als könne er meine Gedanken lesen, begann Meister Galileo leise zu erzählen:
„Es ist lange her, dass du zu mir gekommen bist, Vincenzo. Zunächst dachte ich, was ich mit dir nur machen sollte, du warst ein Kind, bist es im Grunde deines Herzens vielleicht immer noch. Aber du bist gewachsen und ich habe verstanden, warum du überhaupt hierher wolltest, zu einem alten, dummen Mann wie mir.“
Ich wollte aufstehen und abwehren, was er gesagt hatte. Er war alles andere als dumm. Er war genial, weise... es gab unendlich viele Wörter, die auf ihn passten, nur „dumm“ gehörte nicht dazu.
Aber Meister Galileo hob die Hand. Hatte er nicht gesagt, er könne nichts sehen? Hatte er meine Reaktion vielleicht erahnt, ehe ich selber überhaupt daran gedacht hatte?
„Ich bin dumm, Vincenzo, unendlich dumm. Wir alle sind dumm. Ich kann versuchen, das dort draußen zu erforschen, zu erkennen... Aber verstehen, nein, das werde ich es wohl nie. Das sind die Sterne, Vincenzo! Wie können wir uns erdreisten, sie überhaupt verstehen zu wollen?“
Er atmete die Nachtluft ein. Seine Augen waren geschlossen, als wolle er den Abend nur auf seine ganz besondere Art und Weise genießen. Ein zufriedenes Brummen war zu hören, fast wie das Schnurren einer Katze.
„Wozu erforschen wir die Sterne dann? Wenn wir sie doch nicht verstehen können, hat es doch gar keinen Sinn“, murmelte ich.
Galileo Galilei grinste.
„Das habe ich mich auch schon oft gefragt, mein Junge. Zu oft, vielleicht. Die Antwort auf diese Frage muss jeder selber finden. Ich werde dir nicht sagen, wie meine Antwort lautet. Ganz bestimmt wirst auch du eine finden!“
Sein wohlwollender Ausdruck im Gesicht entlockte auch mir ein Lächeln. Wieder wanderte mein Blick hinauf in den Nachthimmel. Würde ich sie jemals dort oben finden? Meine Antwort? Es gab noch so viele Fragen...
„Meister Galileo, darf ich Euch etwas fragen?“
Er wandte den Kopf in meine Richtung.
„Natürlich. Dazu bin ich ja dein Lehrer.“
Ich räusperte mich verlegen. Es war nicht meine Art, Menschen in Verlegenheit zu bringen. Und genauso wenig wollte ich Meister Galileo bloßstellen.
„Na ja...“
Ich zögerte.
„Frag schon, Vincenzo! Wie oft werden wir noch hier beisammen sein und die Sterne beobachten?“
Er hatte Recht. Wenn ich etwas von ihm wissen wollte, musste ich ihn schon danach fragen. Ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte.
„Warum habt Ihr damals widerrufen? Euer Weltbild, alles, was Ihr mich stets gelehrt habt? Warum habt Ihr es aufgegeben?“
Die Frage war berechtigt und das wusste er wahrscheinlich genauso gut wie ich. Oft schon hatte ich sie mir gestellt. In dem Augenblick, als ich von der Widerrufung dieses großen Wissenschaftlers gehört hatte, hatte sein Bild einen Kratzer bekommen. Obwohl ich ihm das nie gewünscht hatte, wäre ich davon ausgegangen, dass er für seine Lehre einstand, die Konsequenzen auf sich nahm und sie bis auf den Tod verteidigte. Doch er hatte das nicht getan, er hatte nicht lange Widerstand geleistet.
„Vincenzo, stell dir vor, du entwickelst eine Theorie. Du kannst sie beweisen, du bist dir deiner Sache sicher. Todsicher.“
Seine Stimme klang fremd für mich. Sie war, als wäre er in Gedanken weit fort. Ich fragte mich, was ihm durch den Kopf ging.
„Dann kommen Menschen auf dich zu und glauben, sie könnten dir alles ausreden, von dem du so überzeugt bist. Hätte es Sinn, sie von deiner These zu überzeugen? Nein, sie wollen sie dir nämlich nicht glauben. Ihr Ziel ist nicht die Wahrheit.“
Langsam verstand ich, was er meinte. Er machte diesen Menschen die Freude und erklärte ihnen und der ganzen Welt, dass alles, was er gesagt hatte, falsch war. Ich nickte als Zeichen, dass ich nachvollziehen konnte, was er meinte.
„Wem hätte es geholfen, wäre ich jetzt tot, im Gefängnis oder wo auch immer? So aber kann ich weiterforschen, meine Theorien weiterentwickeln, bis die Welt irgendwann bereit für sie ist.“
Er hatte Recht. Vollkommen.
„Ich verstehe“, murmelte ich mehr zu mir selbst als zu ihm.
Gemächlich stand er auf.
„Das ist schön, Vincenzo! Ich werde langsam schlafen gehen. Bleibe nicht zu lange wach, morgen ist auch noch ein Tag...“
Ich lächelte. Das sagte er jeden Abend, wenn ich über meine Notizen gebeugt im Arbeitszimmer saß und nachdachte.
„Geht in Ordnung. Gute Nacht, Meister Galileo!“
Er verschwand im Türrahmen und ließ mich zurück. Fragen tauchten in mir auf, Fragen, über die ich noch nie nachgedacht hatte. Wie weit war ich bereit zu gehen? Für meine Thesen und für die meines Lehrmeisters? Wie lange würde es dauern, bis die Irrtümer nicht mehr zu leugnen waren? Und wie lange konnte ich noch in Ruhe hier sitzen und mir den Kopf über solche verbotenen Theorien zerbrechen?
Ich trat wieder ans Fenster. Dort oben standen die Sterne und leuchteten tröstend auf mich herab. Mein Traum tauchte plötzlich wieder vor mir auf: der Traum vom Wissenschaftler, der Traum davon, an einer Universität zu unterrichten. Der Traum davon, die Sterne zu verstehen.