Jennifer Egan
Black Box
Schöffling & Co.
9,95 €
ISBN 978-3-89561-251-0
1. Auflage 7. August 2013
96 Seiten
Gebunden
E-Book-Version für 4,99 €
Verlagsseite
Leseprobe
Inhalt
Eine namenlose, auf sich gestellte Frau ist auf einen hochrangigen Verbrecher angesetzt: Ihre Aufzeichnungen entfesseln eine atemberaubende, von Agententhrillern inspirierte Verfolgungsjagd, offenbaren dabei aber auch schonungslos den Umgang mit weiblicher Schönheit und technisch aufgerüsteten Körpern – eben als BLACK BOX. (Quelle)
Menschen sehen nur selten so aus, wie man es erwartet, selbst wenn man Fotos von ihnen kennt.
Die ersten dreißig Sekunden einer Begegnung sind die entscheidenden.
In diesen Sekunden kommt es darauf an, dir ein Bild von deinem Gegenüber zu machen und dich selbst nach außen hin darzustellen.
S. 7
Meine Meinung
Knapp, rasant, eindringlich. Diese drei Worte sind mir beim Lesen immer wieder durch den Kopf gegangen, denn genau das hat den »Twitter-Roman« für mich ausgemacht. Ich habe die kurzen Zeilen beinahe atemlos gelesen, sie haben mich eingefangen und gebannt.
Es war erstaunlich, wie nah mir das Schicksal der namenlosen Frau am Ende gegangen war, was für ein genaues Bild ich am Ende der nur 96 Seiten von ihr hatte. Durch ihre Gedanken und ihre Ausdrucksform habe ich sie wirklich sehr genau kennen gelernt.
Und die ganze Zeit fragte ich mich, wofür sie eigentlich kämpft und ob sich dieser Kampf tatsächlich lohnt. Diese blinde Ergebenheit hat mich verwundert. So nah an der Selbstaufgabe verführt sie Männer, um ihnen unbemerkt ihre Geheimnisse zu entlocken.
Der Schreibstil hat mir unglaublich gut gefallen. Die knappen Gedanken, die dennoch sehr literarisch verarbeitet waren. Es ist eine Kunst, hier genau die richtigen Statements auszusuchen, die das gewünschte Bild im Kopf entfalten. Dass der ganze Text in der zweiten Person geschrieben ist, macht ihn nur noch eindringlicher. Gedanken mischen sich hier mit den Anweisungen aus ihren Schulungen und verschleierten Situationsbeschreibungen.
Ein »Twitter-Roman« also. Ich finde diese Idee extrem spannend, auch wenn ich nicht genau weiß, ob es für mich den gleichen Reiz ausgemacht hätte, die Zeilen am Twitter-Bildschirm zu lesen. Ich denke, ein Buch bringt nochmal eine andere Intensität mit (das klingt wirklich altmodisch, aber Twitter-Lesen hat immer was von Nebenbei-Lesen, während ich mich bei einem Buch/E-Book nur darauf konzentriere).
Testen kann man es selbst: Der Roman wurde auf dem Twitter-Account von @SPIEGEL_rezens auf Deutsch vorveröffentlicht. Auf Englisch könnt ihr alles hier nachlesen. Und es lohnt sich! Ich habe das ganze auch nochmal auf Englisch studiert, wobei ich die deutsche Übersetzung sehr gelungen fand.
Das deutsche Büchlein kommt übrigens in einem tollen Design daher: Schwarzes Cover mit großer weißer Aufschrift, dazu ein schöner Satz. Und das beste: Schwarzer Buchschnitt. Ich mag es!
Willfährigkeit und Verfügbarkeit lassen sich selbst durch die Art und Weise ausdrücken, wie man aus dem Meer auf Sandsteinfelsen klettert.
»Du schwimmst verdammt gut« aus dem Mund eines Mannes, der noch im Wasser ist, muss nicht unbedingt als Kompliment gemeint sein.
Ein Kichern ist manchmal besser als eine Antwort.
S. 39
Fazit
Ich wiederhole hier nochmal meine Worte von oben: Knapp, rasant, eindringlich. Ich denke, das beschreibt den Roman sehr gut. Wer Lust hat, mal etwas Neues auszuprobieren, sollte sich die Twitter-Accounts zu Gemüte führen, die ich oben verlinkt habe.