SHIRA!
Herzlichen Glückwunsch! Du darfst dir einen Titel aussuchen und einen neuen Gegner zum Battle herausfordern.
Hier noch einmal Shiras Kurzgeschichte:
Milas Frieden
„Hörst du das?“
Er drehte sich nicht um, dabei war ich mir sicher, dass er meine Worte gehört hatte. Noch immer war das leise Zwitschern zu vernehmen. Der Wind trug es von dem kleinen Wäldchen auf der anderen Seite des Baches zu uns herüber.
„Weißt du, was ich mir am meisten wünsche?“, murmelte ich schließlich, während wir am Ufer entlang schlenderten. Der weiße Schnee knirschte unter unseren Winterstiefeln. Ich vergrub die Hände in den Taschen meiner Daunenjacke, um sie vor der Kälte zu schützen und zog den Kopf ein, um mein Gesicht hinter meinem dicken Schal vor dem eisigen Wind zu verbergen.
„Was denn?“, grummelte er schließlich. Wusste ich es doch, er hatte mich gehört.
Einen Moment zögerte ich, dann platzte ich mit meiner Idee heraus.
„Ich wünsche mir, dass auf der ganzen Welt die Sonne scheint. Wusstest du, dass die Sonnenstrahlen Glückshormone in uns auslösen? Dadurch wären alle Menschen etwas glücklicher. Die Dunkelheit würde zurückweichen und sogar die Kälte. Sicherlich gäbe es dann mehr Frohsinn und man würde leichter einander vertrauen...“
„Am besten gäbe es dann auch keine Kriege mehr.“ Er lachte und ich rollte mit den Augen als ich merkte, dass er mich verspottete. „Mila, du bist wirklich naiv!“
„Ach, du musst es natürlich besser wissen“, schimpfte ich und beschleunigte meine Schritte. Missmutig wie ich nun war, achtete ich nicht einmal darauf, den Schneeglöckchen auszuweichen, die tapfer ihre Köpfe den angenehm warmen Sonnenstrahlen entgegenreckten und sich nicht um den beißenden Wind scherten.
„Mila, warte doch, ich habe es nicht so gemeint.“ Eilig folgte er mir. Ich grinste. Das war mal wieder typisch mein Bruder. Seine Worte hielten mich allerdings nicht davon ab, ihm weiter vorauszueilen.
„Mila!“
Unverhofft traf mich eine Ladung Schnee im Nacken und ich duckte mich. Verblüfft blickte ich zu meinem Bruder, der mir mit roten Pausbacken entgegenkam. „Endlich“, stöhnte er, seinem kräftigen Körper eine Pause gönnend, als er bei mir ankam. „Du kannst doch nicht einfach so losrennen!“
Erneut rollte ich mit den Augen, ein Lächeln huschte mir über die Lippen. „Warum nicht? Du könntest auch einfach ein bisschen abnehmen.“
Er verzog das Gesicht. Sicher war ihm klar, dass ich es nicht böse meinte, doch wir beide wussten auch, dass er diese Sticheleien hasste. „Weißt du, das wird der Grund sein, warum es immer Kriege geben wird. Die Menschen sagen zu viel, um sich gegenseitig zu ärgern. Kleine Sticheleien, Missverständnisse und Angst wachsen dann an viel zu großen Problemen, die einen friedlichen Umgang miteinander irgendwann nicht mehr ermöglichen. Glückshormone hin oder her, dann knallt es eben.“
Entsetzt hielt ich die Luft an. „Du bist ein Idiot. Wie kannst du das nur so auf die leichte Schulter nehmen?“
Er lächelte. „Ich nehme es sicherlich nicht auf die leichte Schulter, aber mein Kopf ist viel zu klein, als das er das Universum in seiner ganzen Komplexität erfassen könnte. Daran sind schon weit Klügere gescheitert.“
„Heißt das jetzt, du würdest Krieg einfach dulden, weil du dich für zu dumm für Frieden hältst?“, fragte ich verwirrt.
„Mila, Mila,...“, setzte er an, doch dann verstummte er. Beide lauschten wir dem Rauschen der Blätter, die vom Wind bewegt wurden. Inzwischen war es nicht mehr ganz so kalt, die sanften Sonnenstrahlen, die uns ins Gesicht fielen, hatten an Intensität gewonnen. Es war bereits später Morgen.
Nach einer Weile sprach mein Bruder wieder: „Ich gebe zu, es ist falsch, sich keine Gedanken über Krieg und Frieden zu machen. Doch eines weiß ich sicher und ich denke, da kannst du mir zustimmen. Würden wir uns jeden Morgen fünf Minuten vor die Haustür setzen und zusehen, wie die Welt langsam aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht, hätte keiner von uns das Bedürfnis einen Krieg zu führen. Weder mit dem eigenen Bruder, noch mit dem Nachbarn. Die Natur gibt uns so vieles, was uns zu innerem Frieden verhelfen kann, wir müssen es nur erkennen. Einfach mit dem Herzen sehen würde dann ausreichen, dass wir alles darum gäben, dieses Stück Natur um uns herum zu wahren und zu schützen. Vielleicht würde es dann wirklich nicht mehr so viele Streitereien geben. Schon gar nicht, wenn es ein so schöner Frühlingsmorgen ist wie heute.“
„Jetzt spinnst du aber“, lachte ich, doch wir setzten unseren Weg ohne weitere Sticheleien fort und ich überlegte, ob vielleicht doch etwas dran war an seinen Worten.