... captaincow!
Herzlichen Glückwunsch, Hannah!
Du hast mit einer Stimme Vorsprung gewonnen
Nun darfst du wieder jemanden herausfordern und deinen Titel behalten ^.^
Hier kommt noch einmal deine Gewinnergeschichte:
ETWAS BLEIBT
„Das erste, was uns bey einem Briefe einfällt, ist dieses, dass er die Stelle eines Gesprächs vertritt.“
– Christian Fürchtegott Gellert in „Brief nebst einer Abhandlung“ (1751) -
„Das erste, was uns bey einem Briefe einfällt, ist dieses, dass er die Stelle eines Gesprächs vertritt.“
– Christian Fürchtegott Gellert in „Brief nebst einer Abhandlung“ (1751) -
Sehr geehrte Schwester
Lissy,
Elisabeth,
ich weiß, dass du noch nie gerne gelesen hast. Aber jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als dir einen Brief zu schreiben. Mit dir reden konnte ich schon länger nicht mehr – jetzt ist das noch schwieriger geworden.
Du hast weder gern gelesen noch geschrieben, das ist mir klar. Dennoch frage ich mich, warum du uns nichts hiergelassen hast. Du weißt, wie Mama und Papa dich
Sie geben sich selbst die Schuld dafür, dass du weg bist. Manchmal, wenn sie des Selbstmitleids müde sind, beschuldigen sie sich auch gegenseitig. Gestern haben sie sich wieder gestritten: Mama meinte, Papa hätte doch auffallen müssen, dass etwas nicht in Ordnung sei und Papa hat das gleiche von Mama behauptet.
Hättest du nicht einfach einen Abschiedsbrief schreiben können, um die Dinge klarzustellen? Wenn du schon mit niemandem von uns geredet hast, hättest du doch wenigstens das tun können. Ich selbst gebe mir nicht die Schuld,
Hast du überhaupt auch nur ein einziges Mal daran gedacht? Dass nicht nur du jetzt tot bist, sondern auch unsere Familie? Unser Alltag, unsere Sicherheit – all das ist jetzt weg. Allein deswegen bin ich sauer auf dich.
Trauer – ja, ich trauere, aber ich verstehe dich einfach nicht. Du hattest doch alles – fast jeder tanzte nach deiner Nase. Warum hast du dann so etwas getan? Um uns zu beweisen, dass du zu allem fähig bist und selbst über dich entscheiden kannst?
Das können wir doch alle. Das musstest du uns nicht beweisen.
Ach, Lissy, wie konntest du nur? Natürlich könnte ich jetzt behaupten, ich hätte es besser wissen müssen. Aber das war unmöglich. Du hast mich ohnehin nicht mehr an dich herangelassen.
Hast du gewusst, dass ich ein Jahr lang nicht mehr in deinem Zimmer war? Bis vorgestern zumindest. Samson war hier, er meinte, er wolle sich ein paar seiner Sachen abholen. Aber ich glaube, das war nur ein Vorwand.
Er brauchte sehr lange, also ging ich nach etwa zwei Stunden hinauf in dein Zimmer, um nach ihm zu sehen. Mama war arbeiten und Papa erledigte die Einkäufe.
Er hatte die Tür nur angelehnt, aber ich klopfte trotzdem an. Er antwortete nicht – ich ging trotzdem hinein.
Dein Zimmer hatte ich irgendwie kleiner in Erinnerung. Und im Laufe des vergangenen Jahres musst du die ganzen Fluch-der-Karibik-Poster von den Wänden genommen haben, denn die schneeweiße Tapete war mir auch unbekannt.
Samson saß auf deinem Bett und guckte ins Leere. Es war gruselig. Ich glaube, ich habe ihn noch nie so müde gesehen. Vielleicht ist müde aber auch das falsche Wort. Ich glaube er war viel mehr als müde. Verletzt, verwirrt, verlassen.
Erst als ich ihm an die Schulter tippte, erwachte er aus seiner Starre. Zwei Atemzüge lang sagte er nichts. Dann begann er, mich anzuschreien. Ich solle mich verpissen, meinte er, hielt mich dabei aber so fest, dass ich mich nicht rühren konnte.
Du tust mir weh, sagte ich ihm, aber ich glaube, er hörte es nicht.
Er schrie immer weiter, dann
Nach seinem seltsamen Kuss (man kann es nicht einmal Kuss nennen, ich glaube, es war ein Akt der Verzweiflung) schob er mich weg. Tränen glitzerten in seinen Augen. Am liebsten hätte ich ihm das unter die Nase gerieben – dass ich wusste, was mit ihm los war, dass er mir nichts vormachen konnte. Stattdessen sagte ich ruhig, er sei nicht der Einzige, der unter deinem
Er antwortete, es tue ihm leid. Dann lachte er und meinte, er hätte nur testen wollen, ob wir beiden noch irgendeine Gemeinsamkeit außer unserer Nachnamen besäßen. Als ich ihm in die Schulter kniff, lachte er wieder. Ich mag sein Lachen nicht. Es ist so hart und … dreckig. Vielleicht hätte ich ihn ohrfeigen sollen, aber das traute ich mich nicht.
Ich fragte ihn nach den Postern. Er meinte, du hättest sie abgenommen, weil Orlando Bloom und Johnny Depp mit seiner Schönheit nicht mithalten konnten. Ich sagte ihm, du seist wahrscheinlich einfach erwachsen geworden. Darüber lachte er wieder. Dann ging er – ohne etwas mitzunehmen.
Ich blieb in deinem Zimmer (wo ich jetzt übrigens wieder sitze – an den Ausblick aus deinem Fenster konnte ich mich auch nicht mehr erinnern).
Langsam wird mir klar, dass ich wohl gar nicht auf dich wütend bin. Er ist schuld. An Allem.
Lissy, verzeih mir bitte, dass ich am Anfang so einen Mist geschrieben habe. Ich bin immer noch enttäuscht von dir, fuchsteufelswild geradezu, aber ich wollte nicht so unfreundlich sein. Ich vermisse dich, aber das tat ich auch schon, als du noch
Ich wünschte, du hättest mehr mit mir geredet. Ich wünschte, wir hätten mehr zusammen unternommen. Gestern habe ich Fotos durchgeschaut. Das letzte Bild, auf dem wir gemeinsam zu sehen sind, ist etwa drei Jahre alt. Du hast einen Propellerhut auf (wie Karlsson vom Dach).
Ich denke, ich hatte Recht mit dem, was ich zu Samson gesagt habe. Du bist einfach erwachsen geworden – und ich kannte dich eben immer nur als Kind.
Ich sollte aufhören. Die Sonne ist gerade aufgegangen, scheint in dein Zimmer und die Vögel singen ihr Morgenlied. Gleich ist deine Beerdigung. Samson wird auch da sein; ich hoffe, er ignoriert mich einfach wieder.
Den Brief werde ich dir auf deine Reise mitgeben. Hoffentlich bist du jetzt glücklicher, wo auch immer du bist.
Leb wohl, Lissy,
deine Greta
Und ein dickes Sorry dafür, dass die Auswertung einen Tag zu spät kommt ._.
Schade, dass nur drei Leute abgestimmt haben ...
Ganz liebe Grüße,
Juny