... captaincow!
Herzlichen Glückwunsch, Hannah!
Das Ergebnis ist eindeutig :)
Und somit darfst du nun jemanden herausfordern und dir einen eigenen Titel überlegen ^^
Hier ist noch einmal deine Einsendung:
Die Kerzen flackern auf, als ich den Hinterraum des Bestattungsinstituts betrete. Ein kühler Luftzug, der schnell vorbei ist und eine alles umfassende Stille zurücklässt. Das Zimmer ist von Weihrauch geschwängert; die Dunstschwäden schieben sich auf der Höhe meines Kopfs durch die Luft. Ich blinzle und muss husten. Ein unnatürlich lautes Geräusch, das mich zusammen zucken lässt. Einsamkeit ist Hand in Hand mit der Ruhe zu meinem treusten Begleiter geworden. Aber jetzt habe ich Angst. Tiefsitzende Angst, die sich gemeinsam mit dem schweren Geruch in meine Eingeweide klammert.
Ich habe Angst.
Davor, einen Schritt vorwärts zu treten. Davor, meine Augen zu öffnen. Davor, sie zu sehen. Kalt, bleich und leblos aufgebahrt.
Noch mehr Angst aber habe ich davor, sie ohne Abschied gehen zu lassen.
Ich halte mich an dem blauen Stoffbeutel fest, den ich mitgebracht habe. Verdrängen kann ich meine Furcht nicht, aber ich kann sie bekämpfen. Ihr systematisch entgegenwirken. Ich trete den einen gefürchteten Schritt nach vorn.
Sie sieht nicht viel besser aus, als ich es mir vorgestellt habe. Leichenhaft. Von aller Liebe und dem Leben verlassen, jedoch so furchtbar schön. Etwas, das sich nicht zwischen einem Lachen und Keuchen entscheiden kann, löst sich aus meiner Kehle.
Vor mir, in dem mächtigen Sarg gebettet, liegt sie. Bewegungslos, seelenlos. Tot.
Ich schluchze. Schlucke. Räuspere mich, wedle den Weihrauch von mir und lasse dabei fast den Beutel fallen. Ich muss lachen, ob meiner stets vorhandenen Tollpatschigkeit.
Der Beutel ist ein weiterer Grund, weshalb ich hier bin. Auf die Vorderseite ist eine weiße Figur gedruckt, die in einer Yogaposition schwebt. Der Beutel war einst ihrer, aber jetzt gehört er niemandem mehr.
Vorsichtig öffne ich ihn und betrachte das Sammelsurium von Gegenständen darin. Kleine Dinge, die unsere Geheimnisse teilen. Geschichten und Erinnerungen, die wir mit niemand anderem teilten. Genauso wie sie zuletzt das Wissen um ihre Gesundheit für sich behielt.
Ich lehne den Schmerz ab, der sich an meiner Brust festhält. Versuche, ihn von mir zu stoßen und stecke meinen Arm in den Beutel, um den ersten Gegenstand herauszuziehen. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, sobald ich die zerknitterte Papierserviette ertaste. Ich ziehe sie heraus, glätte sie und lese die griechischen Wörter und ihre deutschen Übersetzungen. S’ayapo. Bis zu dem Tag hatte ich ihr nicht verraten, was dieser Satz bedeutet. Ein Jahr des Schweigens, gefolgt von Jahren der Liebe – und schließlich Zeiten des Todes.
Das nächste Erinnerungsstück ist ein Spielzeugauto – ein Relikt aus ihrer Kindheit; das einzige, das ihr von damals geblieben ist. Ein knallroter VW Käfer. Fünf Monate vor ihrem Tod schenkte ich ihr die lebensgroße Version. Nur einmal hat sie darin gesessen, ist aber nie selbst gefahren. Der Wagen steht verstaubt in unserer Garage – meiner Garage.
Alte Postkarten, im Fotoautomat geschossene Bilder, zwei Kronkorken, ein knisterndes Bonbonpapier. Unsere Reise durch Schottland, ein Kurztrip nach Berlin, zwei eisgekühlte Cola am westlichen Ende Europas, ein geteiltes Zitronenbonbon in der Hitze Kretas. Die Objekte verschwinden neben ihr in ihrem Sarg, aber die Erinnerungen fädeln sich in meinem Kopf zu einer Kette zusammen. Immer leichter wird der Beutel, bis ich ihn ihr zuletzt auf die Brust lege. Ich streiche über ihre geschlossenen Augen. Von der Welt vergessen ruht sie hier und bei dem Gedanken daran, dass sie sich schon morgen unter der Erde befinden wird, kommen mir die Tränen. Dann sind unsere Erlebnisse nicht mehr greifbar, nur noch Erinnerungen – Geheimnisse, die nur ich kenne und bis zu meinem Tod mit mir herumtragen werde.
„S’ayapo“, flüstere ich. „Ich liebe dich.“
Herzlichen Glückwunsch, Hannah!
Das Ergebnis ist eindeutig :)
Und somit darfst du nun jemanden herausfordern und dir einen eigenen Titel überlegen ^^
Hier ist noch einmal deine Einsendung:
Weltvergessen
Die Kerzen flackern auf, als ich den Hinterraum des Bestattungsinstituts betrete. Ein kühler Luftzug, der schnell vorbei ist und eine alles umfassende Stille zurücklässt. Das Zimmer ist von Weihrauch geschwängert; die Dunstschwäden schieben sich auf der Höhe meines Kopfs durch die Luft. Ich blinzle und muss husten. Ein unnatürlich lautes Geräusch, das mich zusammen zucken lässt. Einsamkeit ist Hand in Hand mit der Ruhe zu meinem treusten Begleiter geworden. Aber jetzt habe ich Angst. Tiefsitzende Angst, die sich gemeinsam mit dem schweren Geruch in meine Eingeweide klammert.
Ich habe Angst.
Davor, einen Schritt vorwärts zu treten. Davor, meine Augen zu öffnen. Davor, sie zu sehen. Kalt, bleich und leblos aufgebahrt.
Noch mehr Angst aber habe ich davor, sie ohne Abschied gehen zu lassen.
Ich halte mich an dem blauen Stoffbeutel fest, den ich mitgebracht habe. Verdrängen kann ich meine Furcht nicht, aber ich kann sie bekämpfen. Ihr systematisch entgegenwirken. Ich trete den einen gefürchteten Schritt nach vorn.
Sie sieht nicht viel besser aus, als ich es mir vorgestellt habe. Leichenhaft. Von aller Liebe und dem Leben verlassen, jedoch so furchtbar schön. Etwas, das sich nicht zwischen einem Lachen und Keuchen entscheiden kann, löst sich aus meiner Kehle.
Vor mir, in dem mächtigen Sarg gebettet, liegt sie. Bewegungslos, seelenlos. Tot.
Ich schluchze. Schlucke. Räuspere mich, wedle den Weihrauch von mir und lasse dabei fast den Beutel fallen. Ich muss lachen, ob meiner stets vorhandenen Tollpatschigkeit.
Der Beutel ist ein weiterer Grund, weshalb ich hier bin. Auf die Vorderseite ist eine weiße Figur gedruckt, die in einer Yogaposition schwebt. Der Beutel war einst ihrer, aber jetzt gehört er niemandem mehr.
Vorsichtig öffne ich ihn und betrachte das Sammelsurium von Gegenständen darin. Kleine Dinge, die unsere Geheimnisse teilen. Geschichten und Erinnerungen, die wir mit niemand anderem teilten. Genauso wie sie zuletzt das Wissen um ihre Gesundheit für sich behielt.
Ich lehne den Schmerz ab, der sich an meiner Brust festhält. Versuche, ihn von mir zu stoßen und stecke meinen Arm in den Beutel, um den ersten Gegenstand herauszuziehen. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, sobald ich die zerknitterte Papierserviette ertaste. Ich ziehe sie heraus, glätte sie und lese die griechischen Wörter und ihre deutschen Übersetzungen. S’ayapo. Bis zu dem Tag hatte ich ihr nicht verraten, was dieser Satz bedeutet. Ein Jahr des Schweigens, gefolgt von Jahren der Liebe – und schließlich Zeiten des Todes.
Das nächste Erinnerungsstück ist ein Spielzeugauto – ein Relikt aus ihrer Kindheit; das einzige, das ihr von damals geblieben ist. Ein knallroter VW Käfer. Fünf Monate vor ihrem Tod schenkte ich ihr die lebensgroße Version. Nur einmal hat sie darin gesessen, ist aber nie selbst gefahren. Der Wagen steht verstaubt in unserer Garage – meiner Garage.
Alte Postkarten, im Fotoautomat geschossene Bilder, zwei Kronkorken, ein knisterndes Bonbonpapier. Unsere Reise durch Schottland, ein Kurztrip nach Berlin, zwei eisgekühlte Cola am westlichen Ende Europas, ein geteiltes Zitronenbonbon in der Hitze Kretas. Die Objekte verschwinden neben ihr in ihrem Sarg, aber die Erinnerungen fädeln sich in meinem Kopf zu einer Kette zusammen. Immer leichter wird der Beutel, bis ich ihn ihr zuletzt auf die Brust lege. Ich streiche über ihre geschlossenen Augen. Von der Welt vergessen ruht sie hier und bei dem Gedanken daran, dass sie sich schon morgen unter der Erde befinden wird, kommen mir die Tränen. Dann sind unsere Erlebnisse nicht mehr greifbar, nur noch Erinnerungen – Geheimnisse, die nur ich kenne und bis zu meinem Tod mit mir herumtragen werde.
„S’ayapo“, flüstere ich. „Ich liebe dich.“