Festeinband | 461 Seiten
Erstmals erschienen im März 2012
bei Bastei Lübbe
ISBN: 978-3-8339-0113-3
Preis: 16,99 €
LESEPROBE
Erstmals erschienen im März 2012
bei Bastei Lübbe
ISBN: 978-3-8339-0113-3
Preis: 16,99 €
LESEPROBE
»Wir wissen, dass ihr hier seid, Brüder und Schwestern.
Eines Tages werden wir aus dem Kapitol treten, um uns in Frieden
mit euch zu vereinen.
Bis dahin jedoch beobachten wir euch aus der Ferne,
voller Gnade.«
Eines Tages werden wir aus dem Kapitol treten, um uns in Frieden
mit euch zu vereinen.
Bis dahin jedoch beobachten wir euch aus der Ferne,
voller Gnade.«
Inhalt
Eine amerikanische Stadt, neun Jahre, nachdem die Bomben fielen. Majestätisch thront die Kuppel des Kapitols über den Trümmern – in ihr leben die Reinen, die Makellosen. Sie wurden auserwählt, eine neue, bessere Menschheit zu begründen. Unten in der Stadt kämpfen alle Übrigen ums Überleben.
Auch die 16-jährige Pressia hat es schwer, sich und ihren Großvater durchzubringen. Und dann soll sie auch noch eingezogen werden, um für das grausame Militärregime zu arbeiten, das Angst und Schrecken in der Stadt verbreitet. Als sie den Verschwörungstheoretiker Bradwell kennenlernt, scheint das zunächst ihre Rettung zu sein. Er kennt den Untergrund und hilft ihr, unterzutauchen. Doch dann wird sie erwischt ...
»[...] Da sitzt ihr Großvater, zurückgelehnt in seinen Sessel gleich neben
der Hintertür. Der Ventilator in seiner Kehle surrt leise vor sich hin
- die Plastikflügel drehen sich in die eine Richtung, wenn er einatmet,
und in die andere, wenn er ausatmet. Sie ist so sehr an den Ventilator
gewöhnt, dass sie ihn manchmal monatelang überhaupt nicht bewusst
wahrnimmt, bis zu einem Augenblick wie diesem, wenn sie sich unversehens
losgelöst fühlt von ihrem Leben und alles überraschend ist.«
der Hintertür. Der Ventilator in seiner Kehle surrt leise vor sich hin
- die Plastikflügel drehen sich in die eine Richtung, wenn er einatmet,
und in die andere, wenn er ausatmet. Sie ist so sehr an den Ventilator
gewöhnt, dass sie ihn manchmal monatelang überhaupt nicht bewusst
wahrnimmt, bis zu einem Augenblick wie diesem, wenn sie sich unversehens
losgelöst fühlt von ihrem Leben und alles überraschend ist.«
Meinung
Katniss, Peeta & Co. – aufgepasst! Hier kommt endlich mal wieder ernstzunehmende Konkurrenz, die sich neben euch blicken lassen und es mit euch aufnehmen kann!
Aber gehen wir zurück zum Anfang. Meine Erwartungen hielten sich – gelinde gesagt – in Grenzen, als ich „Memento. Die Überlebenden“ aufschlug. Schließlich waren die zuletzt gelesenen Dystopien mehr schlecht als recht: nichtssagende Liebesgeschichten verpackt in ein bisschen Wischiwaschi aus der Zukunft; Geschichten, die sich irgendwo auf der Mitte des Buchs in ganz viel Pathos verlieren oder einfach aus unglaubwürdigen Charakteren bestehen. Dementsprechend hatten meine Hoffnungen was „Memento“ anbetrifft eine fallende Tendenz, wenngleich ich einige vielversprechende Rezensionen dazu gelesen hatte.
Jetzt bleibt mir aber nichts anderes übrig als zu sagen, wie froh ich bin, dass ich mich auf das Buch eingelassen habe. Denn „Memento“ reiht sich nicht in die schiere Masse von durchschnittlichen Dystopien ein, sondern lässt diese weit hinter sich zurück! Es beginnt alles mit einem ziemlich verwirrenden Prolog, der so kryptisch ist, dass man gleich weiterblättern muss. Mit einer der Hauptfiguren, Pressia, taucht man zunächst in die Zukunft ein und lernt eine Welt voller Schmerz, verlorener Hoffnungen und Hässlichkeiten kennen. Auch wenn die Gegend und die Menschen ziemlich trostlos beschrieben werden, konnte ich nicht anders, als eine Faszination für Pressias Umfeld zu entwickeln. Denn es ist so detailliert ausgearbeitet, so glaubwürdig überlegt, dass es mir beinahe wirklich vorkam. Auch die Details, die man durch die Augen der anderen Hauptfiguren kennen lernt, wirken stets realistisch und weitestgehend lückenlos. Als besonders positiv empfand ich jedoch die politischen Hintergründe, die in „Memento“ eine Rolle spielen. Julianna Baggott hat hier nicht lediglich eine Abenteuergeschichte kreiert, sondern sich auch Gedanken zu den Ursachen der Katastrophe, deren Vorboten und den Konsequenzen gemacht. Allerdings nicht nur auf einer oberflächlichen Ebene. Statt sich mit einfachen Erklärungen zu begnügen, hat sie eine komplexe, manchmal vielleicht nicht ganz einfach zu durchschauende Welt aufgebaut. Schreckliches spielt darin eine große Rolle, sodass ich mich immer wieder dabei ertappte, wie ich das Buch selbst an spannendsten Stellen weglegen und alles verbildlichen und verdauen musste.
Aber neben den Intrigen, die gesponnen wurden und werden, spielt sich auch eine atemberaubende Geschichte in dieser furchtbar realistischen Welt ab. Für mich war es schwer zu durchschauen, in welche Richtung sich der Plot entwickeln würde, was auch daran liegen kann, dass man zunächst ziemlich viele lose Fäden in der Hand hält. Die Vielzahl an wichtigen Charakteren ist erstmal ungewöhnlich für eine Dystopie, die man zumeist nur aus einer oder maximal zwei Perspektiven geschildert bekommt. Doch hier wird mehreren Charakteren eine Stimme verliehen, sodass man als Leser Beweggründe und selbst gegensätzliche Motivationen gut nachvollziehen kann. Anfangs hatte ich noch Befürchtungen, die Perspektivwechsel könnten durcheinander gestaltet sein oder in einem schier undurchschaubaren Durcheinander enden, doch dem ist nicht so. Obwohl ich die meiste Zeit über aufgeschmissen war und wenige Ideen zum Fortkommen der Geschichte hatte, fügt sich irgendwann alles auf erstaunliche Weise.
Auch der Schreibstil bereitete mir auf den ersten Seiten noch Sorge. Im Präsens lese ich zwar mittlerweile sehr gerne, doch das eigentlich nur in der Ich-Perspektive. Julianna Baggott hat jedoch die Perspektive des personalen Erzählers gewählt und daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Doch schon nach ein paar Seiten war selbst das kein Problem mehr und ich konnte vollständig in der Geschichte versinken. Nicht einmal über den recht knappen Stil kann ich mich beklagen, denn er rückt die Charaktere und Geschichte in den Vordergrund. Zudem hält er immer wieder interessante Formulierungen und Beschreibungen bereit. Er ist auf die Außenwelt sowie auf das Innenleben der Charaktere konzentriert, sodass auch die Gefühle nicht zu kurz kommen. Ganz im Gegenteil: Neben der abenteuerreichen Handlung ist „Memento“ auch so etwas wie ein Bildungsroman, denn seine Hauptcharaktere müssen sich in vielerlei Hinsicht anpassen und Dinge akzeptieren. Positiv dabei fand ich aber auf jeden Fall, dass in diesem Roman keine Liebesgeschichte im Vordergrund steht.
„Memento“ ist eine Geschichte, die alle möglichen Arten von Liebe, Hass und Freundschaft beschreibt und konnte mich deshalb ganz besonders berühren.
»Sie nimmt einen der Schmetterlinge und
zieht ihn auf. Die Flügel erzittern, wirbeln ein
wenig Asche auf. Die wirbelnde Asche - sie ist
nicht nur schlimm. Sie können sehr schön sein,
die kleinen Wirbel. Sie will die Schönheit nicht
sehen, aber es passiert einfach. Sie findet überall
kleine Momente der Schönheit - selbst im Abscheulichen.«
zieht ihn auf. Die Flügel erzittern, wirbeln ein
wenig Asche auf. Die wirbelnde Asche - sie ist
nicht nur schlimm. Sie können sehr schön sein,
die kleinen Wirbel. Sie will die Schönheit nicht
sehen, aber es passiert einfach. Sie findet überall
kleine Momente der Schönheit - selbst im Abscheulichen.«
Fazit
„Memento. Die Überlebenden“ ist eine Dystopie, die es nicht verdient hat, in Bücherregalen zu verstauben. Selbst ich, die ich mittlerweile etwas übersättigt von dem Genre bin, zeige mich noch immer fasziniert von der Geschichte, die Julianna Baggott geschaffen hat. Nicht nur glaubwürdige Charaktere und ein spannender Handlungsverlauf machen „Memento“ zu etwas ganz besonderem, sondern auch der detailreiche Aufbau der Zukunftswelt.
Von mir bekommt das Buch ganz klar eine (fast) uneingeschränkte Leseempfehlung. Lediglich Leute, die nicht gern über Schlechtes lesen oder sehr zimperlich bei Gewaltbeschreibungen sind, sollten die Finger von dem Buch lassen.
4.5 von 5 Sternen
Zitate von Julianna Baggott aus "Memento. Die Überlebenden"