Rafik Schami
Der ehrliche Lügner
Taschenbuch: 592 Seiten
Verlag: dtv (1. August 1996)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 342312203X
In Verehrung aller Circusleute möchte ich die von ihnen seit Jahrhunderten bevorzugte Schreibweise CIRCUS in meinem Roman übernehmen. C ist rund wie die Manege und die Arbeit, die die Artisten in ihr leisten.
DAS BUCH
Als Sadik, der Geschichtenerzähler der uralten Stadt Morgana, schon weißhaarig ist, kommt eines Tages wieder ein Circus in seine Heimatstadt. Sie Seiltänzerin erinnert ihn an Mala aus dem Circus India, die er in seiner Jugend geliebt hat. Dort trat Sadik früher als Geschichtenerzähler in der Manege auf und war mit seinen farbenprächtigen Schilderungen unverzichtbarer Bestandteil des Programms. Ohne den Circus wäre Sadik vielleicht nie zum Erzähler geworden. Oder hat ihn die Liebe zu Mala dazu gemacht? Der Circus zog weiter, aber Sadik und seine Geschichten blieben ...
DIE LESERIN
Die Manege liegt im Halbdunkeln, sacht wölbt sich das Zeltdach, Spannung und Vorfreude knistern in der Luft. Der rote, schwere Samtvorhang schiebt sich zur Seite ... Der Erzählgewalt Rafik Schamis kann man sich nicht entziehen; der Geschichtenerzähler Sadik führt den Leser in die fiktive arabische Stadt Morgana und zieht alle Register seines erzählerischen Könnens - er entfaltet vor den Augen des Lesers eine wahre Farbenpracht an sinnlichen, humorvollen und bewegenden Geschichten über das Leben. Es sind Alltagsgeschichten, die dem Leser zum Lachen und Staunen bringen; immer tiefer wird man in den Sog der Geschichten gezogen und zwischen Lüge und Wahrheit kann man längst nicht mehr unterscheiden ...
Die Kurzgeschichten sagen oft weit mehr aus, als auf den ersten, flüchtigen Blick scheint - so wird unterschwellig auf den gewaltsam herrschenden Diktator angespielt, die Veränderungen - ob zum Guten oder Schlechten -, die das Land heimsuchen, die Eindrücke der Europäer, die mit völlig falschen Vorstellungen nach Morgana reisen usw. Eine Fülle an Tanten, Onkeln, Neffen, Cousins bis zum so und so vielten Grades, Eltern, Geschwister, Freunde, Großeltern und Nichten treten auf - da gibt es beispielsweise die kleine Mona, die nach der Wahrheit sucht, ein Räuber, der sich als Vogelscheuche tarnt und eine Tante, deren Neugierde ihr selbst zum Verhängnis wird. Ihnen allen widmet Sadik, der Geschichtenerzähler, Tag für Tag eine Geschichte in der Manege, von einem passenden Tier begleitet.
Der Schreibstil passt sich der Geschichte perfekt an; man meint, wirklich im Zirkus zu sitzen, begierig an den Lippen Sadiks hängend. Zu bemängeln wäre lediglich der Umstand, dass ich selbst erst nach zwei, drei Geschichten in den Schreibstil einfand.
Der ehrliche Lügner
Taschenbuch: 592 Seiten
Verlag: dtv (1. August 1996)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 342312203X
In Verehrung aller Circusleute möchte ich die von ihnen seit Jahrhunderten bevorzugte Schreibweise CIRCUS in meinem Roman übernehmen. C ist rund wie die Manege und die Arbeit, die die Artisten in ihr leisten.
DAS BUCH
Als Sadik, der Geschichtenerzähler der uralten Stadt Morgana, schon weißhaarig ist, kommt eines Tages wieder ein Circus in seine Heimatstadt. Sie Seiltänzerin erinnert ihn an Mala aus dem Circus India, die er in seiner Jugend geliebt hat. Dort trat Sadik früher als Geschichtenerzähler in der Manege auf und war mit seinen farbenprächtigen Schilderungen unverzichtbarer Bestandteil des Programms. Ohne den Circus wäre Sadik vielleicht nie zum Erzähler geworden. Oder hat ihn die Liebe zu Mala dazu gemacht? Der Circus zog weiter, aber Sadik und seine Geschichten blieben ...
der Verlag über das Buch
Ich heiße Sadik, aber nicht einmal das ist sicher. Denn bereits das erste Wort, das ist sprach, war gelogen ...
Ich war damals nicht einmal sechs Monate alt. An jenem Tag kam mein Vater von der Arbeit und beachtete mich nicht. Das ärgerte mich. Stunden später bückte er sich zu mir herunter. Ich dachte mit geschlossenen Augen über meine Zukunft nach. Mein Vater merkte nichts davon und fragte mich laut, ob ich noch lebe. Ich kochte vor Wut, und da ich wusste, dass mein Vater nichts mehr hasste, als mit meiner Mutter verwechselt zu werden, strecke ich ihm meine Ärmchen entgegen und nannte ihn "Mama". Das war meine erste Lüge, und sie wirkte.
Ich war damals nicht einmal sechs Monate alt. An jenem Tag kam mein Vater von der Arbeit und beachtete mich nicht. Das ärgerte mich. Stunden später bückte er sich zu mir herunter. Ich dachte mit geschlossenen Augen über meine Zukunft nach. Mein Vater merkte nichts davon und fragte mich laut, ob ich noch lebe. Ich kochte vor Wut, und da ich wusste, dass mein Vater nichts mehr hasste, als mit meiner Mutter verwechselt zu werden, strecke ich ihm meine Ärmchen entgegen und nannte ihn "Mama". Das war meine erste Lüge, und sie wirkte.
DIE LESERIN
Die Manege liegt im Halbdunkeln, sacht wölbt sich das Zeltdach, Spannung und Vorfreude knistern in der Luft. Der rote, schwere Samtvorhang schiebt sich zur Seite ... Der Erzählgewalt Rafik Schamis kann man sich nicht entziehen; der Geschichtenerzähler Sadik führt den Leser in die fiktive arabische Stadt Morgana und zieht alle Register seines erzählerischen Könnens - er entfaltet vor den Augen des Lesers eine wahre Farbenpracht an sinnlichen, humorvollen und bewegenden Geschichten über das Leben. Es sind Alltagsgeschichten, die dem Leser zum Lachen und Staunen bringen; immer tiefer wird man in den Sog der Geschichten gezogen und zwischen Lüge und Wahrheit kann man längst nicht mehr unterscheiden ...
Die Kurzgeschichten sagen oft weit mehr aus, als auf den ersten, flüchtigen Blick scheint - so wird unterschwellig auf den gewaltsam herrschenden Diktator angespielt, die Veränderungen - ob zum Guten oder Schlechten -, die das Land heimsuchen, die Eindrücke der Europäer, die mit völlig falschen Vorstellungen nach Morgana reisen usw. Eine Fülle an Tanten, Onkeln, Neffen, Cousins bis zum so und so vielten Grades, Eltern, Geschwister, Freunde, Großeltern und Nichten treten auf - da gibt es beispielsweise die kleine Mona, die nach der Wahrheit sucht, ein Räuber, der sich als Vogelscheuche tarnt und eine Tante, deren Neugierde ihr selbst zum Verhängnis wird. Ihnen allen widmet Sadik, der Geschichtenerzähler, Tag für Tag eine Geschichte in der Manege, von einem passenden Tier begleitet.
Der Schreibstil passt sich der Geschichte perfekt an; man meint, wirklich im Zirkus zu sitzen, begierig an den Lippen Sadiks hängend. Zu bemängeln wäre lediglich der Umstand, dass ich selbst erst nach zwei, drei Geschichten in den Schreibstil einfand.
Fünf von fünf Sternen für Sadik, den ehrliche Lügner, Geschichtenerzähler des Circus India.
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Zuletzt von Amira am So 07 Apr 2013, 21:10 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet