Pooly's Kunst und Schreibforum

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    Raquel J. Palacio - Wunder

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    Beitrag von Pulsblau Mi 16 Sep 2015, 16:29

    Wunder

    Raquel J. Palacio

    Wenn man das rosa Topping abkratzt, unglaublich gut.

    Raquel J. Palacio - Wunder Wunder

    (Fotografiert von Lexi.)

    Länge: 384 Seiten
    Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
    Erschienen: 2013
    Originaltitel: Wonder

    Kurzbeschreibung:

    August ist anders. Dennoch wünscht er sich, wie alle Jungen in seinem Alter, kein Außenseiter zu sein. Weil er seit seiner Geburt so oft am Gesicht operiert werden musste, ist er noch nie auf eine richtige Schule gegangen. Aber jetzt soll er in die fünfte Klasse kommen. Er weiß, dass die meisten Kinder nicht absichtlich gemein zu ihm sind. Am liebsten würde er gar nicht auffallen. Doch nicht aufzufallen ist nicht leicht, wenn man so viel Mut und Kraft besitzt, so witzig, klug und großzügig ist - wie August.

    Meine Meinung:

    Ich mag realistische Bücher. Vor allem mag ich realistische Bücher über ungewöhnliche, objektiv betrachtet in vielerlei Hinsicht heftige Schicksale. Und wenn ich die von diesen Schicksalen betroffenen Charaktere dann auch noch absolut liebgewinnen kann, weil sie sich ihren Humor bewahren oder ihn überhaupt erst entwickeln, weil sie über sich selbst hinauswachsen und sich dabei dennoch nicht fremd werden, dann mag ich realistische Bücher am meisten. Insofern war "Wunder" von Raquel J. Palacio in Bezug auf die Hauptperson August ein absoluter Glücksgriff für mich, obwohl ich auch ein paar Kritikpunkte habe.

    Zuallererst: Das Buch ist zutiefst … amerikanisch. Der Umgang der Charaktere miteinander, besonders innerhalb von Augusts Familie, zum Schluss hin aber auch Geschehnisse und Interaktionen in der Schule – all das wirkte auf mich wie mit einem viel zu süßen rosa Topping überzogen. Das empfand ich mitunter als extrem anstrengend, und es gab einen Punkt, an dem es mir dann endgültig ZU viel wurde.

    Was mich dazu gebracht hat, das Buch dennoch unglaublich gut zu finden? Es war der Protagonist August selbst, Auggie, der das rosa Topping wenig beeindruckt abgekratzt und humorvoll kommentiert hat. Mehrmals und ganz besonders auch noch mal zum Ende hin, wo ich meine insgesamt positive Bewertung beinahe mal zurückgezogen hätte, weil alles einfach SO überzogen war. Das Schöne war dann wirklich, dass Auggie es selbst überzogen fand, das aber ganz locker nahm. Dadurch konnte auch ich es dann einfach mit einem mentalen Stoßseufzer hinnehmen.

    Auggie wirkt echt, und die anderen Protagonisten, die eine Perspektivrolle bekommen haben, ihrem Alter und ihren Erfahrungen entsprechend ebenfalls. In manchen Rezensionen wird mangelnder Tiefgang kritisiert, aber hey – das sind Kinder und Teenager. Für ihr Alter machen sie sich schon recht angemessene Gedanken, finde ich.

    Ausschließlich sprachlich haben mich die jungen Leute (abgesehen von Auggie selbst und Jack) nicht ganz überzeugt. Bei Auggie und Jack hatte ich wirklich zwei Jungs ihres Alters vor mir, die restlichen Figuren klangen für mich irgendwie nicht individuell genug (woran auch die permanente Kleinschreibung in Justins Part nichts änderte, deren Sinn ich nicht so ganz begriffen habe, denn dies sind ja seine Gedanken, kein von ihm geschriebener Text). Trotzdem: Das Gesamtergebnis habe ich als stimmig empfunden, und ich fand auch jede dieser Perspektiven wichtig, um eben genau dieses Gesamtbild zu erzeugen.

    Das Buch hat mich berührt, ich konnte die Entwicklung aller Figuren nachvollziehen, und besonders Auggie musste ich einfach liebgewinnen. Das Buch ist für mich ein Entwicklungsroman, den Ruf nach mehr Action mancher Kritiker kann ich so nicht nachfühlen.

    Und nachdem ich mir Bilder von Menschen angeschaut habe, die vom Treacher-Collins-Syndrom oder vom Goldenhar-Syndrom betroffen sind (und Auggie hat beides), wünsche ich mir fast, dass jeder dieser Menschen etwas von dem rosa Topping abbekommt, das Auggies Umfeld auszeichnet. Ich glaube aber, die Realität sieht anders aus. Den meisten Menschen reichen weit weniger heftige Andersartigkeiten aus, um als Fremde verstört darauf zu reagieren oder als Familie daran zu zerbrechen.

    Ich weiß nicht, ob ich einem so massiv entstellten Menschen wie Auggie begegnen könnte, ohne dass ein kurzer Moment des Erschreckens da und für ihn sichtbar wäre. "Wunder" brachte mich aber dazu, mir das zumindest sehr zu wünschen (mehr noch, als man sich das als nicht völlig herz- und hirnloser Mensch sowieso schon wünscht).

    Definitiv empfehlenswert, wenn man ungewöhnliche Protagonisten mag.
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    Beitrag von Miyann Mo 19 Okt 2015, 09:33

    Hallo Alex,

    dieses Buch ist mir damals aufgefallen, als es als Hardcover überall in den Läden stand. Wenn ich mich echt entsinne, waren die Bewertungen sehr gemischt.
    Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, worum es geht, ich hatte mit den Klappentext nie durchgelesen. Das Thema ist definitiv kein leichtes und es freut mich, dass es scheinbar gut verarbeitet wurde. Hanser steht ja auch für eher tiefgründige Literatur. :)
    Die "Amerikanisierung" schreckt mich etwas ab, aber wenn es doch dennoch überzeugen konnte, vertraue ich deinem Urteil.

    Mittlerweile gibt es das Buch ja auch als Taschenbuch, ich denke, da muss ich dann mal zugreifen. Es kommt gleich auf die Wunschliste.

    Vielen Dank für die Rezension!

    Viele Grüße
    Marit
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    Beitrag von Pulsblau Mo 19 Okt 2015, 20:19

    Huhu Marit,

    aww, auch dass du dir dieses Buch anschauen möchtest, freut mich sehr. Auf Amazon sind die Rezis größtenteils positiv, aber ich kann die negativen Stimmen schon auch nachvollziehen - es ist ein wirklich ungewöhnliches Thema und nicht jeder "kann" damit. Für mich war es perfekt, auch wenn mich dieses Über-Amerikanische wirklich gestört hat. Ich hab es, wie geschrieben, irgendwann einfach geschluckt - was mir darum gelungen ist, weil Auggie es selber so überzogen fand.

    Ich hoffe, es gefällt dir! :)

    Alles Liebe
    Alex
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    Beitrag von Miyann Mo 07 Dez 2015, 07:56

    Hallo Alex,

    mittlerweile habe ich "Wunder" gelesen (oder verschlungen?) und kann dir nur zustimmen, in beinahe allen Punkten. Allerdings fand ich es gar nicht so schlimm amerikanisiert, muss ich sagen. Cliquenbildung habe ich so an Schulen auch erlebt, auch wenn die vielleicht anders hießen. Das Ende ... nun ja. Da stimme ich dir voll und ganz zu. Aber wenn man darüber hinwegsieht, ist es ein spannender Blick in die Gesellschaft.

    Besonders gut haben mir tatsächlich die Blickwinkel der anderen Personen gefallen. Besonders Via und ihr innerer Konflikt haben mich sehr berührt.

    Etwas zu kritisieren wird man wohl immer finden, aber ich muss sagen, dass mir dieses Buch in Erinnerung bleiben wird. Und aus diesem Grund habe ich mich bei Goodreads gerade für fünf Sterne entschieden. :)

    Ich danke dir vielmals für die Empfehlung!

    Viele Grüße
    Marit
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    Beitrag von Pulsblau Mo 07 Dez 2015, 21:58

    Huhu Marit,

    aww, wie mich das freut! cheers Herzchen

    Hmm, vielleicht bin ich bezüglich der Amerikanisierung ein bisschen zu empfindlich, aber es beruhigt mich, dass du das Ende auch so empfunden hast wie ich. Und alles in allem ist das wirklich ein Buch, das ich nicht mehr vergessen werde.

    Sehr gerne für die Empfehlung! :)

    Alles Liebe
    Alex
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    Beitrag von Miyann Di 08 Dez 2015, 08:06

    Huhu,

    also natürlich merkt man stark, dass es in Amerika spielt, aber die meisten Dinge waren in meinen Augen auf Deutschland übertragbar. Das Ende war aber wirklich ... naja. Very Happy

    Vielleicht hast du mich auch einfach so gut darauf vorbereitet, dass ich auf alles gefasst war und es dann einfach nicht als so schlimm empfunden habe.

    Spoiler:

    Viele Grüße
    Marit
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    Beitrag von Deadwing Sa 02 Jan 2016, 16:33

    Oh, danke für die Vorstellung! Das Buch hatte ich im Laden auch schon mal in der Hand, und jetzt hat meine kleine Cousine es zu Weihnachten bekommen und mir zwei Tage später direkt erzählt, wie gut sie es findet. Vielleicht sollte ich es auch mal lesen, eure Berichte klingen jedenfalls sehr gut.
    Woran macht ihr denn das "Amerikanisierte" fest?

    Liebe Grüße!
    Merle
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    Beitrag von Miyann Mi 06 Jan 2016, 10:42

    Hallo Merle,

    ich versuche mal, in Worte zu fassen, was für mich das "Amerikanisierte" ist. Zum einen gibt es natürlich die typischen amerikanischen Schulstrukturen inklusive Cliquenbildung und Co. Dann sind die Kinder reichlich frühreif - vieles dreht sich um Beziehungen.
    Ich habe es allerdings nicht als ganz so schlimm empfunden wie Alex. Eine Stelle, die ich auch als übertrieben empfunden habe, wäre stark spoilernd, wenn ich sie hier darstelle. :)

    Ich würde dir auf jeden Fall empfehlen, in das Buch reinzulesen. Vielleicht würde deine Cousine es dir ja leihen? :)

    Viele Grüße
    Marit
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    Beitrag von Elbenwind Do 29 Jun 2017, 00:30

    @Pulsblau: Danke für deine ausführliche Rezension! In kann dir in sehr vielen (Kritik-)Punkten zustimmen, mein Resümee fällt letztendlich aber auch vorwiegend positiv aus!

    Ich habe das Buch vor kurzem gelesen, da ich den Filmtrailer so berührend fand. Die Verfilmung des Buches soll Ende 2017 in den USA in die Kinos kommen. Auf jeden Fall bin ich vom Buch sehr begeistert. Auggie ist eine so liebenswerte Person und ich habe ihn sofort ins Herz geschlossen. Alex' Kritikpunkte kann ich zwar nachvollziehen – „amerikanisch“ ist das Buch wirklich - aber es hat meine Freude am Lesen nur leicht getrübt. Ich mochte die Geschichte, ihre Figuren und war auch mit dem Ende zufrieden. Ich finde das Thema wurde sehr kindgerecht aufgearbeitet (empfohlenes Alter laut Amazon 10-12).


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