Die Schauerliteratur, englisch Gothic Fiction bzw. Gothic Novel, ist ein Genre der Phantastik, das sich im 18. Jahrhundert als eigenständiges Genre der Horrorliteratur entwickelte. Je nach Werk wird die Gothic Novel auch der Romantischen Literatur zugeordnet. Mit dem Werk »The Castle of Otranto« schreibt der Engländer Horace Walpole 1764 die erste Schauergeschichte. Seit diesem Zeitpunkt erfreut sich das Genre enormer Beliebtheit und findet begeisterte Anhänger in England, Frankreich, Deutschland, den USA, Irland, Russland und Polen.
Typische Merkmale dieser Literaturgattung sind folgende: Die Geschichte spielt oft in einem verwitterten Schloss oder einem ähnlichen alten Gemäuer. Die Atmosphäre ist düster, mysteriös und unheilsschwanger. Element wie finstere Omen, Prophezeiungen oder Visionen bestimmen oft das Handeln der Protagonisten. Fast immer bekommen sie es mit Geistern, Dämonen oder anderen übernatürlichen Wesen zu tun und oft genug gibt es Damen, die es vor den dunklen Mächten zu retten gilt – oder der männliche Protagonist muss sich selbst gegen ebendiese Mächte zur Wehr setzen. Unter dem Mantel von überquellender Emotionalität – seien es nun Angst, Wut, Trauer, tiefsitzender Schrecken oder Überraschung – wird der Leser in den düsteren Bann der Geschichte gezogen.
Neben immer wiederkehrenden Handlungselementen gibt es ebenso Stilelemente, die im Genre der Schauerliteratur quasi zu Hause sind. Alte Türen, die knarren, quietschen oder plötzlich zuschlagen, heulender Wind, Seufzer, Heulen, Wimmern und allerlei andere schreckliche Gefühlsäußerungen, rasselnde Ketten, plötzlich auftauchende Fußspuren, ein Windhauch, der Kerzen ausbläst, Licht in einem verlassenen Haus, Häuserruinen, die bizarr in die Vollmondnacht ragen, Blitz und Donner, Wolfsgeheul in der Nacht, verrücktes Lachen und Protagonisten, die in einem Raum gefangen sind.
Witzigerweise gibt es sogar bestimmte Formulierungen, die gern in Schauergeschichten benutzt werden. Wenn ihr Interesse daran habt, könnt ihr ja mal bei meinen Quellen »Virtual Salt« anklicken, da gibt es ein paar (auf Englisch).
Die Abgrenzung zwischen Horror und Schauerliteratur ist nur eine dünne Linie: Horror erzeugt Ekel, Schauerliteratur Furcht. Sie spielt mit den Ängsten der Leser. Es werden grausame und übernatürliche Erlebnisse geschildert, die – im Gegensatz zu beispielsweise Märchen – in ihrem ganzen Schrecken dargestellt und sprachlich ausgemalt werden. Sehnsucht nach Erlösung, Verzweiflung bis zur Selbstzerfleischung und tiefer Schrecken sind Motive der Protagonisten. Durch angebliche »Übersetzungen eines Tatsachenberichts« oder »Funde eines Tagebuchs« implizieren Gothic Novels Authenzität und machen so die unheimlichen Vorkommnisse und schaurigen Gestalten vermeintlich real. Edgar Allan Poe ist als herausragender Vertreter des Genres zu nennen, denn er nutzt seine Sprache dazu, das Grauen explizit auszumalen und den Schrecken bis zur Groteske zu steigern und taucht dabei bis auf den Grund des Geistes seiner verwirrten oder extremen Situationen ausgesetzten Figuren.
- Edgar Allan Poe – Der Fall des Hauses Usher
- William Beckford – Vathek
- George Gordon Byron – When in pain
- Sheridan Le Fanu – Carmilla
- Johann Wolfgang von Goethe – Faust
- E. T. A. Hoffmann – Die Elixiere des Teufels
- H. P. Lovecraft – Die Musik des Erich Zann
- Charles Robert Maturin – Melmoth der Wanderer
- Mary Shelley – Frankenstein
- Bram Stoker – Dracula
- Oscar Wilde – Das Gespenst von Canterville
- Dan Brown – Sakrileg
- Stephen King – Der Fornit
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