Gabrielle Zevin
Bitterzart
Fischer FJB
16,99 €
ISBN 978-3-8414-2130-2
1. Auflage Mai 2013
544 Seiten
Ab 14 Jahren
Gebunden
Leseprobe
Inhalt
In der nahen Zukunft herrscht in New York ein Leben, das von Rationierungen und Verboten geprägt ist. So darf jeder täglich nur 90 Sekunden duschen und Schokolade und Kaffee gelten als Rauschmittel und ihr Verzehr ist verboten.
In dieser Welt lebt die 16jährige Anya Balanchine. Ihr Familienhintergrund ist nicht ganz einfach: Ihr Vater war der Anführer des Balanchine-Schokoladenimperiums, eines russischen Mafiaclans, der mit der illegalen Schokolade handelt. Nun lebt sie gemeinsam mit ihrer Großmutter und ihren beiden Geschwistern fernab des Familiengeschäfts und versucht sich aus allem rauszuhalten - was manchmal nicht so einfach ist, wie gedacht.
Wir waren gerade heimgekehrt von einem Mondscheincafé (einem Lokal mit illegalem Kaffeeausschank), das sich am University Place im Kellergeschoss einer Kirche befand. Das war zu der Zeit , als Koffein gesetzlich verboten war, so wie tausend andere Dinge (Papierbesitz ohne Genehmigung, Handys mit Kamera, Schokolade und vieles mehr). Die Gesetze änderten sich derart schnell, dass man Verbrechen begehen konnte, ohne es überhaupt zu ahnen.
S. 11
Meine Meinung
Ich war ganz überrascht, als ich Bitterzart in der Buchhandlung entdeckte, denn ich war der Meinung, dass es für "Normalbürger" noch gar nicht erhältlich wäre. Doch da lag es und obwohl ich derzeit meine Probleme mit Jugendbüchern, bzw. All-Agern habe, musste ich zugreifen, denn das Setting klang einfach zu interessant.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Hier handelt es sich wirklich nicht um eine Standard-Dystopie, ganz im Gegenteil: Das Buch hebt sich sehr positiv von der breiten Masse ab. Sei es durch das allgemeine Setting, den Storyaufbau und die zentralen Themen, die eine Rolle spielen. Auch die Liebesgeschichte habe ich erstaunlicherweise nicht als unangenehm empfunden.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Anya erzählt, die ihre Memoiren niederschreibt. So bleibt die Sicht nicht immer die eines 16jährigen Mädchens, stellenweise kritisiert die Hauptperson ihre eigenen Handlungen "aus dem Off", d.h. aus der späteren Perspektive.
Der Schreibstil ist sehr frisch und jugendlich, mir hat er gut gefallen.
Anya ist ein sehr verkopfter Mensch, sie denkt sehr rational und ergebnisorientiert. Das Emotionale bleibt bei einer solchen Sichtweise natürlich häufiger auf der Strecke, aber dennoch hat Anya ihre Fehler, reagiert manchmal zu impulsiv oder schenkt geschehenen Vorfällen nicht genug Beachtung. Dies wird von ihr auch immer entsprechend kritisiert. Ich persönlich bin mit Anya als Hauptcharakter wunderbar klar gekommen, ich konnte mich mit ihren Gedanken identifizieren.
Dennoch kann ich mir vorstellen, dass nicht jeder Leser mit einer solch analytischen Denkweise wie der von Anya klarkommen wird.
Was mir außerdem sehr gut gefallen hat, waren die Charaktere. Ich mochte die Darstellung von Anyas Geschwistern und ihrer besten Freundin Scarlet. Selten habe ich in einem Jugendbuch so spannende Charaktere erlebt, besonders Leo hat es mir angetan - ich finde, die Autorin hat ihn sehr realistisch dargestellt.
Win bleibt leider ein wenig blass, er ist eben der nette Kerl von nebenan.
Das Setting fand ich schön unaufdringlich, d.h. es werden zwar immer wieder Hinweise auf die Welt eingestreut, die die Autorin sich erdacht hat, aber sie werden in den Alltag integriert, sind für die Personen absoluter Normalzustand. Dennoch reichten mir die Andeutungen, um ein rundes Bild der Welt vor meinen Augen entstehen zu lassen.
Es gibt aber auch Dinge an dem Buch, die mir nicht so gut gefielen: Zum Beispiel hätte ich mir einen tieferen Einblick in die Mafiastrukturen gewünscht. Das alles wirkte doch etwas flach auf mich. Die Autorin deutete zwar immer die Probleme an, die anscheinend in der Balanchine-Familie existieren, aber die waren für mich nicht greifbar. Ich wusste um ihre Existenz, konnte sie aber nicht selber wahrnehmen, was ich sehr traurig fand.
Ich hatte gerade die Käsesoße über die Nudeln gekippt und überlegte, ob ich die Polizei anrufen sollte (was auch immer das nutzen würde), als sich die Wohnungstür öffnete.
Leo kam in die Küche gestürzt. »Du machst ja Makkaroni, Annie!« Er schlang die Arme um mich. »Ich hab die beste Schwester der Welt!«
S. 47
Fazit
Ein Roman über eine Gesellschaft in nicht allzu ferner Zukunft, die von Verboten und Rationalisierungen geprägt ist. Für mich siegte das Buch dank einer tollen Protagonistin.